Diese Woche dreht sich in den Erlanger Kinos alles um größere und kleinere Revolten. Als die kleine Éa sich mal wieder über ihren egozentrischen Vater ärgert, spielt sie zur Strafe mit seinem Arbeitscomputer herum – und bringt dabei die ganze Welt aus dem Gleichgewicht. Denn ihr Vater ist niemand anders als Gott höchstpersönlich. In der belgischen Komödie Das brandneue Testament muss der Allmächtige das Universum wieder in Ordnung bringen und mischt sich dazu unter seine Geschöpfe. Einen so direkten Draht zu Gott könnte wohl auch Chorleiterin Lena gebrauchen, die sich im schwedischen Musikdrama Wie auf Erden gegen den konservativen Kichenrat durchsetzen muss. In der Fortsetzung des Welterfolgs Wie im Himmel versucht die Freundin des in Teil 1 verstorbenen Stardirigenten das Gemeindeleben mit frischer Musik und Tanzeinlagen aufzupeppen. Die deutsche Dokumentation Wer rettet wen? versucht schließlich eine Revolution im größeren Stil anzuzetteln. Der Film hinterfragt die Mechanismen von Banken- und Griechenlandrettung und will besonders den Opfern des europäischen Turbokapitalismus‘ eine Stimme geben.
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kultur>kolumne: Kunst oder Einkaufswagen?
Alles, was in einem Kunstmuseum steht, ist Kunst. Alles? Hier scheiden sich die Geister. So mancher Künstler hat schon die bedeutendsten Interpretationen für etwas gefunden, das andere für Müll halten. Buchstäblich. Es ist kein Einzelfall, dass eine Putzfrau ein Kunstwerk weggewischt oder weggeworfen hat. Der Schaden: Unermesslich. Kunst ist eine Frage des Betrachtens. So gesehen kann einem Kunst jederzeit und überall begegnen: Beim Friseur, auf der Arbeit, beim Einkaufen. Oder beim Spazierengehen, wo ein Einkaufswagen auf der Wiese steht.
Faschistoider Fußball
In Kürze beginnt wieder einmal der größte Zirkus der Welt – nämlich die Fußball-Weltmeisterschaft (WM) –, und die Deutschen sind schon ganz aus dem Häuschen. Überall findet man jetzt Fanartikel, über Schmuck, Halsbänder, Fußbälle, Schminke – freilich alles in den deutschen Nationalfarben. Selbst Produkte, die auf den ersten Blick nichts mit Fußball zu tun haben, versuchen mit dem WM-Etikett ihre Umsätze, meist erfolgreich, zu maximieren. Das nennt sich dann Fußballfieber.
Die bürgerliche Gesellschaft auf verseuchtem Grund
Bei der gestrigen Premiere von Henrik Ibsens Ein Volksfeind im Stadttheater Fürth – bearbeitet von Florian Borchmeyer und inszeniert vom Intendanten Werner Müller – wurde die 130 Jahre alte naturalistische Tragödie spektakulär experimentell aufgebrochen und (nicht immer radikal genug) modernisiert.
Weihnachtlicher Warenfetisch
Es war mal ein beliebtes Thema innerhalb des Intellektualismus: Die Kritik an der weihnachtlichen Konsumkultur und dem Warenfetisch. Inzwischen ist eine solche Kritik zahlreich rezipiert und zu hohlen Phrasen verunglimpft worden. Man könnte fast sagen, das Thema sei totgeredet worden, ohne dass es einen soziokulturellen Effekt gehabt hätte. Warum sich also noch mit dem Zusammenhang von Konsumkultur und Weihnachten beschäftigen? Ganz einfach: Weil diese Verquickung per se besteht und konstitutiv für beide ist.