Film Noir trifft auf David Lynch. Dieser Satz könnte David Robert Mitchells neuesten Film „Under the Silver Lake“ am besten beschreiben. Mitchell versucht einen Film zu erschaffen, der mit den Werken von David Lynch zu vergleichen ist, schafft dies jedoch nur zum Teil.
Der Protagonist Sam (Andrew Garfield) wohnt in einer Apartmentanlage in Los Angeles und verbringt sein Leben mit Kiffen, Masturbation und Videospielen. Hin und wieder beobachtet er die ältere Frau, die gegenüber wohnt mit dem Fernglas, und dabei entdeckt er eines Tages eine junge, schöne Frau namens Sarah (Riley Keough) im Swimmingpool. Sarah bemerkt ihn und die beiden verbringen die Nacht zusammen. Am nächsten Morgen ist Sarah verschwunden und ihr Apartment ist leergeräumt. Sam versucht sie zu finden und sucht nach Hinweisen, die auf ihren Verbleib hindeuten könnten. Er ist sich sicher, dass sie Spuren und Hinweise hinterlassen hat für ihn, und er beginnt diesen nachzugehen. Dabei entdeckt er eine große Verschwörung und beginnt eine skurrile Verfolgungsjagd durch Hollywood, um sowohl der Verschwörung nachzugehen als auch Sarah zu finden.
„Under the Silver Lake“ spiegelt dabei den Zeitgeist der Generation Y, also eben jene Twenty-Thirty-Somethings oder Millenials. Sam weiß nicht was er mit seinem Leben anfangen soll, und sucht überall Codes und Verschwörungen. Er ist von den Spuren vollkommen besessen, und kümmert sich nicht darum, dass er sein Auto oder seine Wohnung verlieren könnte, weil er keinen Job hat, und die Rechnungen nicht bezahlen kann. Auch die Nebenfiguren hangeln sich von Event zu Event, und scheinen sich nicht um ihre Umgebung zu kümmern. Dabei entfacht sich eine Spuren- und Sinnsuche, die der abgehobenen Hollywood-Welt gegenübergestellt wird. Ebenso wird dabei die Ziellosigkeit der Millenials parodiert. Sam, und auch der Rest der Charaktere, scheint keine Ziele zu haben, sondern lebt in den Tag hinein, und plötzlich wird die Spurensuche zu seinem erklärten Ziel. Dabei ist es irrelevant, dass die Spuren und Codes gerade für den Zuschauer nahezu zusammengewürfelt und nicht zusammenhängend wirken. Für Sam ergeben sie einen Sinn und er kann auch die Verschwörung aufdecken, obgleich diese ebenso skurril und surreal wirkt, wie die Suche nach ihr.
Es stehen also die Geheimnisse und Mythen der Hollywoodwelt im Mittelpunkt. Dabei kann die Auflösung dieser nur enttäuschen, und obgleich sie ebenso absurd ist, wie die Suche nach ihr entsteht bei der Auflösung kein Gefühl des Triumphs oder Glücks, wie etwa nach der Auflösung eines spannenden Plottwists, sondern vielmehr ein Gefühl der Leere. Trotzdem passt gerade diese absurde Auflösung geradezu perfekt zu dem Film. Die Auflösung ist hier komplett irrelevant, da die Reise des Protagonisten durch alle geheimnisumwobenen Orte und der schiere Nonsense deutlich spannender sind.
Mitchells Film strotzt außerdem vor popkulturellen Referenzen. Nicht nur sind eindeutige Hinweise auf die Musikindustrie zu erkennen, sondern auch Hinweise auf Videospiele kommen nicht zu kurz. Zum Teil sind hier durchaus parodistische Tendenzen zu erkennen, etwa wenn Sam auf einen Musikproduzenten trifft, der scheinbar jeden relevanten Popsong der letzten Jahrzehnte verfasst hat. Oder die Karte von Silver Lake aus einer Müsliverpackung. Oder Sarah, die wirkt als wäre sie aus einem Hitchcock-Film. Dabei wirken diese Referenzen allerdings nicht deplatziert oder aufdringlich, sondern fügen sich organisch ins Gesamtbild ein.
Trotzdem hat man hin und wieder das Gefühl, dass David Robert Mitchell mit „Under the Silver Lake“ versucht einen Film zu schaffen, der so selbstreferentiell und selbstverliebt erscheint, dass es schon wieder zu viel ist. Mit satten 139 Minuten Laufzeit fragt man sich immer wieder wann der Film denn auf den Punkt kommt (obgleich gerade dieses Nicht-auf-den-Punkt-Kommen auch essentieller Bestandteil des Films ist). Dabei wirken gerade manche musikalischen Einlagen zu lang, und der nicht vorhandene Rhythmus irritiert dann und wann ebenfalls. Der Film plätschert immer wieder vor sich hin, und gerade zu Beginn kommt die Handlung nur langsam ins Rollen.
„Under the Silver Lake“ ist eine Hommage an den klassischen Film Noir und spielt mit Absurditäten, Gesellschaftskritik und einer ganzen Menge popkultureller Referenzen. Dabei macht der Film durchaus Spaß. Und gerade die parodistischen und absurden Momente sorgen auch für den einen oder anderen Lacher, auch wenn das Gesamtwerk dann doch eher anspruchsvoll ist, und dem Zuschauer einiges abverlangt.
„Under the Silver Lake“ läuft ab dem 6. Dezember im Kino.