
Plaudern über Punkrock, Politik, Passiertes: Max und re>flex-Redakteurin Monika. Foto: Leonie Ruckriegl.
Für das deutsche Punktrio aus Eislingen an der Fils war 2017 ein spannendes Jahr: Im April erfolgte die Namensänderung von „Itchy Poopzkid“ zu „Itchy“, im Juli die Veröffentlichung des siebten Studioalbums „All We Know“ und im Herbst die Tour zu eben jener Platte. Am 3.12. beehrten Sibbi, Panzer und Max Nürnberg mit ihrem Konzert. Sie ließen den Hirsch trotz des Schnees und eines Gitarristen auf Schmerzmitteln kochen. Schlagzeuger Max erklärte sich bereit, gemütlich bei einem Bier vor dem Konzert mit Reflex zu sprechen: Über die Auswirkungen der Namensänderung, Tourpannen und die Notwendigkeit der (Rückkehr der) Menschlichkeit.
Ihr habt euren Bandnamen geändert und das aus bestimmten Gründen. Einer davon war, dass ihr ernst genommen werden wolltet. Habt ihr seitdem eine Änderung erlebt?
Max: Ich würde die ganze Geschichte schon als erfolgreich bezeichnen. Es fühlt sich einfach total richtig an. Im Endeffekt ist jetzt nicht alles ganz neu. Total anders wahrgenommen werden wollen wir auch gar nicht, denn an sich hat sich außer dem Namen nicht wirklich was geändert. Klar es ändern sich immer Sachen, Veränderung macht natürlich auch irgendwie Spaß. Aber es war auf jeden Fall ein sehr geiles Jahr, würd‘s auch als erfolgreiches Jahr bezeichnen. Wir wussten ja gar nicht, was passiert- es hätte ja auch sein können, dass viele Leute dann sagen: „Äh, was soll das jetzt?“. Und das ist eigentlich gar nicht passiert, es ist sehr gut aufgenommen worden. Alles wächst stätig und gesund würde ich mal sagen und so ist das für uns völlig in Ordnung. Das ist ne gute Sache.
Wichtig war es wahrscheinlich auch, dass ihr erklärt habt, warum.
Ja, das war eigentlich rein für die Fans. Weil klar, die Leute laufen mit dem Shirt herum, wo das draufsteht [der frühere Bandname]. Und wenn man den dann einfach ändert, ohne das irgendwie zu erklären, was das jetzt soll- da kann man Leuten wahrscheinlich auch vor den Kopf stoßen. Das wollten wir nicht. Nicht das wir damit ein Problem hätten, aber halt vielleicht nicht unseren treusten Fans. Da wollen wir lieber anderen Leuten vor den Kopf stoßen. Genau deswegen haben wir das ein bisschen erklärt.
Ihr habt vor einiger Zeit euer Buch rausgebracht indem, wie auch jetzt auf dem Blog, einige Pannen aufgezeigt werden. Ist auf der Tour bisher noch was passiert?
Ach so viel… Das kann ich gar nicht alles aufzählen. Die schlimmen Katastrophen sind zum Glück noch ausgeblieben. Aber es passiert natürlich auf jedem Konzert mal irgendwas. Es ist immer spannend. Wir erfinden das nicht, dass da irgendein Scheiß passiert. Ich weiß nicht, es ist halt so. Gestern z.B. ist unser Tourmanager, der Niklas, mit dem Bus gefahren und hat einfach mal die Pedale verwechselt. Und eine unfassbare Vollbremsung gemacht, sodass fast Laptops durch die Wundschutzscheibe geflogen wären- aber es ist nochmal gut gegangen. Ja so ein Scheiß passiert uns halt.
Oder Leute, die sich Bänder zerren.
Achso, ja das war natürlich ein größerer Fuck-up. Sibbi (Anm.: Gitarrist und Sänger) musste zwei Tage bevor wir auf die Tour losgefahren sind unbedingt noch Squash spielen und hat sich da halt einen Bänder-Teilanriss zugezogen- so genau weiß ich das jetzt auch nicht. Ist auf jeden Fall erstmal mit Krücken rumgelaufen. Und es war wirklich nicht so klar, ob wir da einfach jetzt losfahren können und Tour spielen. Aber- viel Schmerzmittel hilft. Und so können wir spielen.
Ihr seid eine Punkband, habt mit dem Song „Danger“ auch die momentane rechte Bewegung angesprochen. Was sagst du zu dem Wahlergebnis in Deutschland?
Das ist natürlich ein weites Feld, das du da anreißt- aber ein wichtiges.
Bei einer Punkband muss das auch fast sein.
Ja, das ist auf jeden Fall so. Und da positionieren wir uns auch immer wieder klar. Es ist halt eine schlimme Geschichte. Menschliche Katastrophen- die ja die Flüchtlingswellen auslösen, denn das machen die Flüchtlinge ja nicht zum Spaß- werden dann genutzt von Parteien wie der AFD, um Stärke zu erlangen. Und um auf allem rumzureiten auf eine Art, die nicht menschlich ist. Das ist einfach eine absolute Katastrophe. Das ist total beschissen. Dem muss man auch irgendwie Einhalt gebieten: Viel reden, viel aufklären und, keine Ahnung, den Leuten aufzeigen, dass das nur leeres Gebrüll ist. Die haben ja überhaupt keine Inhalte, die demontieren sich ja selbst. Das ist ja eigentlich ne Affenbande, komplette Idioten. Und das muss man laut aussprechen und ansprechen. Ich denke ja bzw. ich hoffe, dass sich das ein bisschen gibt, weil die machen ja eigentlich selber klar, wie bescheuert sie sind. Auf der anderen Seite Trump, der aktuell auch ein Meister der Selbstdemontage ist. „Das Volk“ sozusagen findet das auch nicht mehr so gut, also seine Ratings sind nicht so gut. Ist ja schon immerhin etwas. Ich weiß nicht, ob das reicht, dass sie ihn vor Ende seiner Amtszeit absägen, aber wahrscheinlich nicht, das trauen sie sich wahrscheinlich nicht. Wichtig ist bei der ganzen Geschichte: nicht links, nicht rechts, sondern dass man Mensch bleibt. Und menschlich die Sachen betrachtet und dann ist eigentlich klar, welchen Weg man gehen muss: Man muss Menschen helfen und darum geht’s.
Jetzt zu etwas Leichterem: Ihr habt beim aktuellen Album das erste Mal Remixes gemacht. Wie kam es dazu?
Das war auch so eine Sache, die wir noch nie gemacht haben und das war einfach spannend. Einfach mal befreundeten Künstlern die Songs in die Hand zu geben und zu sagen: „Jetzt mach mal dein Ding. Mach mal das, was du jetzt machen würdest.“ Fanden wir einfach lustig und irre spannend. Und auch was rausgekommen ist, ist ziemlich geil. Ist einfach mal ganz anders beleuchtet. Und da hatten wir Bock drauf und haben wir gemacht.
Ich fand es auch gut, dass ihr ein Video herausgebracht habt, indem ihr erklärt habt, welche Bedeutung die einzelnen Lieder haben. Zu Nothing haben Sibbi und Panzer in dem Video viel über das Technische erzählt, aber weniger über die Bedeutung. Was weißt du darüber?
Es geht eigentlich um Gesellschaftsdruck: Tu dies, mach das, sonst wird das nix. Und dann rennst du nur noch durch die Gegend und weißt gar nicht wo links und rechts ist. Und stehst am Ende mit nix da. Darum geht’s da eigentlich: Druck, von wo auch immer der kommt, der auf einen einprasselt, von wo auch immer.
So einen ähnlichen Song hattet ihr schon einmal, vom Thema her: „Thou Shalt Not Be Slow“.
Ja, genau. Das hängt auch mit Sibbi’s, der beide Songs geschrieben hat, Persönlichkeit zusammen- er ist ein sehr getriebener Mensch. Und ich glaub er nimmt sich da auch viel zu Herzen und von daher kommt das auch wahrscheinlich. Er kann auch nicht stillsitzen.
Weil du vorhin von der Zusammenarbeit mit andern Künstlern gesprochen hast: Ihr habt mal einen Song mit Emil Bulls gemacht. Ich fand es interessant, dass diese erst vor kurzem auch im Hirsch gespielt haben. Sprecht ihr euch da irgendwie ab, oder ist das zufällig?
Das ist Zufall. Da macht schon jeder so sein Ding. Man hat halt so gewisse Tourrythmen. Es gibt schon so Zeiten, wo Bands halt touren und das ist Frühjahr und Herbst. Und wenn’s sich’s da überschneidet, kann das schon passieren- Ist aber Zufall.
Habt ihr mit den Emil Bulls wieder mal etwas geplant?
Fest nicht, aber ich würde es nie ausschließen. Kann immer mal passieren.
Kann man sich nur darauf freuen. Das letzte von mir: Wir sind ein großteils studentisches Magazin. Hast du etwas, dass du speziell Studenten mitgeben willst?
Studenten? Lernt was Ordentliches (Lacht) Studenten… was soll man denn dazu sagen? Was für Studenten denn? Welche Richtung?
Wir sind eigentlich aus verschiedenen Zweigen. Ich bin z. B. von der philosophischen Fakultät.
Mhm. Also ich kann zu Studenten sagen: Wo ich wohne, ist gegenüber ein Studentenwohnheim. Und Montags ist da so eine Bar offen, dann gehen da alle hin, Nicht nur die vom Wohnheim, saufen sich die Hucke voll. Gegen ein oder zwei Uhr nachts macht das Ding dann zu und dann kommen die alle raus. Und dann stehen die da ne Stunde auf der Straße und schreien da einfach nur rum, weil sie zu dumm sind zu saufen. Und das, liebe Studenten- macht das einfach nicht! Sauft einfach wie normale Menschen, seid besoffen, schreit irgendwo anders rum- außer vor meiner Wohnung. Montags. Das ist der Tipp den ich Studenten auf den Weg geben kann. Das kann ja auch nicht gut fürs Studium sein. Müssen ja am Dienstag bestimmt auch irgendwas machen. (von meiner Kollegin Leonie: Naja. Alle lachen.) Nein, ich fühle mich da auch immer wie so ein grantiger alter Mann, wenn ich mich darüber aufrege. Die können ja da rumhängen- aber warum schreien die die ganze Zeit? Ne quatsch, ich habe keinen ernstgemeinten Tipp für Studenten. Was soll ich schon Studenten mitgeben? (Lacht)
Interview wurde durchgeführt von Monika Himmelsbach
Mehr Informationen sind auf der offiziellen Webseite sowie der Facebookseite zu finden.
Fotos des Konzerts mit freundlicher Genehmigung von Jenni „ShineyShadow“.