Das vergessene Nürnberger Volksbad

Große Schwimmhalle Bild: Anja Groß

Mitten am Nürnberger Plärrer versteckt sich hinter dunklen Gemäuern ein altes Juwel der Jugendstilkultur: das Nürnberger Volksbad. Wenige Passanten nehmen wohl das etwas verfallen wirkende Gebäude in der Rothenburger Straße war, hinter dessen Mauern sich eine prachtvolle Badeanstalt des frühen 20. Jahrhunderts verbirgt. Ein Blick hinter die Kulissen.

Über 20 Jahre ist es bereits her, dass zuletzt jemand seine Bahnen in einer der Schwimmhallen im Nürnberger Volksbad gezogen hat. Mehr als zwei Jahrzehnte nun, in denen die historische Badeanstalt weitgehend für die Öffentlichkeit verschlossen ist. Der Nürnberger Verein „Geschichte für Alle“ ermöglicht dennoch mehrmals im Jahr einen Blick hinter die Kulissen. Die regelmäßigen Führungen gleichen einer Zeitreise in die Geschichte der Badekultur. Seit im Jahr 1994 der Badebetrieb eingestellt wurde, stehen die Uhren hier im wahrsten Sinne des Wortes still. Nichts wurde verändert – die Anzeigetafeln im Eingangsbereich zeigen noch immer die Eintrittspreise von damals: Fünf Deutsche Mark kostete der Besuch zuletzt. Nach wenigen Treppenstufen gelangt man in die Eingangshalle aus Marmor; von hier aus lassen sich die drei Schwimmhallen entdecken. Zweifelsohne hat das Volksbad ein bisschen etwas von seinem ehemaligen Glanz eingebüßt, und dennoch beeindrucken die Räumlichkeiten noch immer durch ihre Eleganz und Größe. Mit seinen vielen Gängen und Verstecken macht sich eine düstere, ja beinahe unheimliche Atmosphäre, in den alten Schwimmhallen breit.

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Die Geschichte des Nürnberger Volksbades reicht bis in das frühe 20 Jahrhundert zurück, einer Zeit in der in Deutschland von einer Hygienebewegung gesprochen wurde. Badezimmer waren damals privilegierten Oberschichten vorbehalten – Volkshygiene und Volksgesundheit lag somit in den Händen der städtischen Verwaltung. Wie viele Städte wollte sich auch Nürnberg mit einer öffentlichen Badeanstalt schmücken. Und so entstand für insgesamt 1,8 Millionen Mark ein Volksbad, das bei seiner Eröffnung im Jahr 1914 zu den modernsten und größten seiner Zeit zählen sollte. Bis zu 2.500 Besucher strömten in den Anfangsjahren täglich in den Badetempel am Plärrer – Nürnberg hatte einen wahren Besuchermagnet geschaffen.

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Doch die goldenen Zeiten des Volksbades sind lange vergangen. Heute gleicht die Nürnberger Badeanstalt einem schwarzen Fleck auf der Landkarte. Nichts wird mehr repariert, ersetzt oder ausgebessert. Während man den düsteren Charme des Volksbades in den 1990er-Jahren noch für wilde Elektropartys zweckentfremdete, ist auch das Wummern der Bässe längst verklungen. Ein paar Spuren, etwa ausgetretene Kabinentüren oder Graffiti, zeugen noch von diesen längst vergangenen Nächten. Seither liegt die Zukunft des Volksbades im Ungewissen. Zwar gab es einige Ideen, wie man den Dornröschenschlaf des Volksbades beenden könne – zu nennen wären etwa ein arabisches Museum oder ein türkisches Dampfbad – jedoch scheiterte es stets an der Umsetzung.

Der Rundgang durch das Volksbad endet im leeren Schwimmbecken der größten Schwimmhalle vor einem Bohrloch. Vor gut zwei Jahren ließ die Stadt Nürnberg ein Gutachten über die Kosten der Renovierung des Gebäudes anfertigen. Eine stolze Summe von rund 50 Millionen Euro müsse die Stadt vor einer möglichen Wiedereröffnung demnach aufbringen. Ob das alte Jugendstil-Juwel in der Rothenburger Straße bald wieder glänzen wird ist also weiterhin ungewiss. Und so bleibt das Volksbad weiterhin ein vergessenes Stück Nürnberger Geschichte.

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Wer selbst einen Blick hinter die Kulissen der historischen Badeanstalt werfen möchte, dem seien die regelmäßigen Führungen des Vereins „Geschichte für Alle“ wärmstens empfohlen.

Anja Groß

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