Hinter der Bühne – Ein Interview mit der Jungregisseurin Janina Schubert

14724093_339968696344722_1876999435_oEs ist an der Zeit, sich wieder dem studentischen Bildungsprogramm zu widmen. Die langen Semesterferien des Nichts-Tuns und die erdrückenden Lasten der Hausarbeiten, um die sich die meisten bis zur letzten Minute nicht kümmern, neigen sich dem Endspurt zu.

Studenten, Dozenten und Mitarbeiter betreten die Universitätsgebäude mit einer unaussprechlichen Motivation. Doch haben die ersten müden Gestalten in der Bismarckstraße bereits einen flüchtigen Blick an die Wände riskiert? Falls noch nicht, dann sollte Sie unbedingt ihren Tunnelblick erweitern, denn große Plakate mit einem zusammengekauerten jungen Mann und der großen Überschrift Woyzeck hängen in mehrfacher Ausführung über die Flure der FAU verteilt!

Höchste Zeit, sich mit diesem Plakat zu beschäftigen. Als Teil des theater- und medienwissenschaftlichen Bereichs, weiß ich bereits seit einem längeren Zeitraum um die Pläne der jungen Theaterregisseurin und Studentin Janina Schubert, ihr liebstes Stück aus Schulzeiten auf die Bühne zu bringen. Frisch zu dem Team des Reflexmagazins dazugestoßen, entschloss ich mich also, das Treiben dieser bunt zusammengewürfelten Studentengruppe näher unter die Lupe zu nehmen. Und das funktioniert nun mal am Besten, wenn man hautnah bei einer Probe dabei war und die Schöpferin der Idee höchstpersönlich interviewte.

Sam Sniper: Du sitzt nun das erste Mal auf dem Regiestuhl. Wie kamst du auf die Idee, solch ein Theaterstück zu verwirklichen? Hat es dich eines Abends einfach gepackt und du dachtest: Jetzt stelle ich ein Theaterstück auf die Beine?

Janina Schubert: Du wirst lachen, genauso war das! Unser Proberaum heißt nicht umsonst Experimentiertheater (Räumlichkeit der FAU). Wir studieren das Fach Theater- und Medienwissenschaften, wo bereits Interesse an der Theorie besteht. Warum also nicht auch an der Praxis? Nach der Erkenntnis, dass ich genau DAS verwirklichen möchte, ergriff ich die Initiative. Ich rief meinen Dozenten Herrn Studt an, der unserem Projekt die nötige technische Unterstützung ermöglichte. Doch im Mittelpunkt steht vor allem unsere Selbstständigkeit, wie wir mit dem Stück umgehen und uns dafür einsetzen. Das Ergebnis liegt bei uns selbst.

 Ich habe dir bei deinen Arbeiten zugeschaut. Du versuchst den Schauspielern sehr sachlich zu vermitteln, auf welche Weise sie ihre Rolle in einer bestimmten Situation verkörpern sollen. Auf welchen Grundlagen basiert deine Art Regie zu führen?

Die Rolle des Schauspielers kenne ich aus eigenen Erfahrungen. Aus der Perspektive des Schauspielers weiß ich, es ist nicht immer einfach, es dem Regisseur recht zu machen. Ich denke, meine negativen Erfahrungen beeinflussen mich bei meiner neuen Aufgabe. Mir ist dabei wichtig, dass ich die Leute nicht auf Biegen und Brechen in eine Figur hineinzwinge. Der Schauspieler soll sich im Stück selbst verwirklichen.

Wenn du deinen Einsatz rund um das Stück betrachtest, kannst du ein Fazit aus den Vorbereitungen ziehen?

Wenn ich ein Wort dafür finden müsste, dann wäre es: bereichernd. Natürlich gibt es hier und da Schwierigkeiten. Zum Beispiel kann und möchte die Verantwortung für ein Stück nicht jeder tragen. Wir haben uns ziemlich schnell zu einem kleinen Stammkreis reduziert.

Also gab es auch frustrierende Momente, wenn ich das richtig verstehe?

Keinesfalls so viele, wie es Faszinierende und Spannende gab. Die jetzigen Leute zeigen vollen Einsatz. Unsere übersichtliche Gruppe ist näher zusammengerückt.

Ja, da muss ich dir recht geben, als ich den Raum betrat, merkte ich direkt eine harmonische Atmosphäre. Dazu steht der düstere Stoff des Dramas ‚Woyzeck‘ in einem starken Kontrast. Hat deine Wahl eine besonderen Beweggrund gehabt?

Woyzeck ist zeitlos. Das Stück bietet viele künstlerische Freiheiten. Ich denke, das ist der Kern des Projektes. Freiheiten auskosten und einen Bezug zu einem Selbst herstellen.

Soll  auch der Zuschauer denn einen Bezug zu sich selbst herstellen können?

Bestenfalls soll der Zuschauer ebenso ergriffen wie in Titanic sein. (lacht) Wir möchten Nähe zum Publikum haben. Wenn Woyzeck leidet, dann sollen die Zuschauer die Emotionen am eigenen Leib spüren.

Gehen wir von dem Gegenteil aus, sagen wir das ‚Worst-Case-Scenario‘ tritt ein. Welche Reaktion fürchtest du am meisten?

Dass sie nichts von dem Bühnengeschehen berührt hat oder sie gar mitten in der Vorstellung aufstehen und gehen.

Ich denke nicht, dass so eine radikale Reaktion im Publikum entsteht. Doch das schaue ich mir dann selbst an. (Wir beide lachen.)

Nach dem Lachen herrschte kurzes Schweigen. Wir beide saßen auf der Tribüne des Experimentiertheaters und blickten für einen Moment die probenden Schauspieler an. Neben all den anstrengenden Seminaren schleppen sich Studenten jeden Dienstag von 18 bis 22 Uhr dorthin und proben fleißig nach Plan. Und man bemerke, die Texte lernen sie selbstständig zu Hause. Doch für ‚Woyzeck‘ nehmen sie allem Anschein nach die zusätzliche Belastung gerne in Kauf. Vor allem die Regisseurin Janina bringt ihr ganzes Herzblut in dieses Projekt mit ein.

Wen das Interview nun neugierig auf die Ergebnisse der Proben gemacht hat, der sollte sich nicht die Möglichkeit entgehen lassen, das Stück mit eigenen Augen zu sehen. Vom 19. bis zum 21. Oktober 2016 finden täglich um 19 Uhr Vorstellungen in der Bismarckstraße 1 im Experimentiertheater statt.

Sam Sniper

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