In Legend of Tarzan spinnt Regisseur David Yates die Geschichte um den Affenmann weiter – und wird dabei topaktuell. Acht Jahre nach seiner aktiven Zeit muss sich sein Tarzan jetzt mit unfairen Handelsverträgen, gewissenlosen Geschäftsleuten und korrupten Politikern herumschlagen. Leider bleiben die Figuren dabei auf der Strecke.
Acht Jahre sind vergangen seit Tarzan (Alexander Skarsgård) sein altes Leben hinter sich ließ und nach London zog. Der Herr des Dschungels ist jetzt ein gesitteter englischer Lord, Jane (Margot Robbie) eine nörgelnde Hausfrau. Doch auf Einladung des belgischen Königs kehren die beiden für einen diplomatischen Kurzbesuch nach Afrika zurück. Kaum angekommen geraten sie allerdings in einen Hinterhalt des gewissenlosen Geschäftsmanns Captain Rom (Christoph Waltz). Der will Tarzan an einen verfeindeten Eingeborenenstamm ausliefern – doch das ist erst der erste Teil einer groß angelegten Verschwörung.
Tiere dürfen Tiere bleiben
Die Handlung einfach ein paar Jahre nach der bekannten Tarzan-Geschichte anzusetzen erweist sich als geschickter Kunstgriff. Regisseur David Yates begnügt sich mit ein paar über den Film versprengten Rückblenden über die Kindheit und Jugend seines Dschungelhelden und verhindert damit den direkten Vergleich mit Vorgängerfilmen, an denen Reboots sonst gerne scheitern. Dabei schneidet er in seiner neuen Geschichte immer wieder brandaktuelle Themen an. Sein Tarzan bekommt es nicht mit Raubtieren zu tun, sondern mit skrupellosen Geschäftemachern, die ganz Afrika plündern wollen – und dabei mit Arbeitsplätzen argumentieren.
Auch in anderen Teilen bleibt Legend of Tarzan erfrischend realistisch. Die Tiere dürfen hier ganz Tier sein – Strauße beobachten den britischen Lord in der Steppe misstrauisch, Gorillas richten sich angriffsbereit auf und Elefantenherden ziehen anmutig durchs Gehölz. Alles Szenen, die zeigen, was das andere Dschungelkind-Reboot des Jahres hätte sein können, wenn die perfekt animierten Tiere nicht alle paar Minuten Disney-Songs angestimmt hätten. Erst wenn Tarzan gegen Ende mit Hilfe einer Büffelherde ein Militärlager überrennt und ein paar Krokodile seine Schmutzarbeit erledigen lässt, fällt der Film hier etwas in die bekannten heldenhafte-Tiere-gegen-böse-Menschen-Klischees zurück.
Der Held hat nicht viel zu tun
Leider sieht es bei den menschlichen Protagonisten schlechter aus. Hier entpuppt sich die ganze Geschichte schnell als typische Heldengeschichte. Jane wird entführt, Tarzan muss sie zurückholen – die Rettung der afrikanischen Stämme und Urwälder ist dabei mehr ein positiver Nebeneffekt. Gelingt es Yates in der ersten Hälfte noch mit spektakulären Kamerafahrten und bildgewaltigen Schlachten von der dünne Handlung abzulenken, wird spätestens im zweiten Teil klar, wie wenig die Figuren vor den atemberaubenden Kulissen zu tun haben.
Während Margot Robbie als engagierte Adelige Akzente setzt, wird Samuel L. Jackson als Anwalt George Washington Williams als Comic Relief verheizt. Christoph Waltz darf mal wieder eine Version seines kultivierten Bösewichts zum besten geben, auf den er seit Inglourious Basterds reduziert wird. Das Hauptproblem ist aber Hauptdarsteller Alexander Skarsgård, der szenenlang als legendärer Held aufgebaut wird um dann bedeutungsschwer in die Wälder zu schauen und gelegentlich einen belgischen Soldaten zusammenzuschlagen. Bleibt zu hoffen, dass er in den bereits halbwegs geplanten Sequels ein bisschen mehr zu tun bekommt.
Simon Lukas
Legend of Tarzan läuft aktuell im Cinecitta‘ in Nürnberg.