Ein pinkes Vergnügen

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Bild: Hans von Draminski

Wenn zwei Menschen Wer bin ich spielen würden, könnte das etwa so aussehen:

Bin ich weiblich?
Ja.
Bin ich blond?
Ja.
Mag ich pink?
Ja.
Oh mein Gott! Bin ich Elle Woods aus Natürlich blond?
Ja! Wie hast du das nur so schnell erraten?

Elle ist ein einziges Klischee, ein laufender Blondinen-Witz – so scheint es zu Beginn des Musicals Natürlich blond. Bis Juni führen Musikpädagogik-Studenten der Universität Erlangen-Nürnberg regelmäßig das Musical auf. Sie zeigen, dass Elle Woods mehr ist als eine schöne Fassade.

 

Es ist vollkommene Absicht, dass die Aufführung voller auf die Spitze getriebener Klischees ist – mit Glitzerstaub obendrauf. Elle tritt in einem pinken Pailletten-Kleid auf, der Kleiderverkäufer (ein Mann) in Goldglitzerkleid und mit Rothaarperücke, die gute Fee Paulette verbreitet pustend Glitzerstaub (zumindest als Projektion auf der Leinwand). Und alles ist pink: Die Bühnenbeleuchtung, die verschiedensten Kleider vom Morgenmantel über das Verlobungskleid bis hin zum Talar (die Hauptdarstellerin Svenja Baumgärtner wechselt ihre Kleider während des Musicals öfter als Helene Fischer) und kleinste Details wie der Stift, mit dem Elle schreibt.

Kitschig, übertrieben, klischeehaft? Ja, aber dabei unglaublich unterhaltsam. Der Leiter Wolfgang Pfeiffer hat mit den Studenten auf der Bühne eine bunte, überwiegend pinke, zuckersüße Welt erschaffen. Das Ziel war offensichtlich nicht, bloß nicht in die Klischee-Falle zu tappen, sondern nahezu alles zu überspitzen. Direkt die erste Szene eröffnet den Abend herrlich laut, schrill und … pink. Elles persönlicher Chor ist in der Farbe des Abends gekleidet. Die neun Mädchen singen „Oh mein Gott“, kreischen und kichern wie Groupies, weil sie sich so sehr auf den Heiratsantrag freuen, den Warner seiner Freundin Elle machen wird. Das geschieht zwar nicht, stattdessen beendet er die Beziehung, aber auch darauf haben Elles Freundinnen eine Antwort: Die Modezeitschrift Elle als Trost.

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Elle Woods im Gespräch mit Emmet Forrest. Bild: Hans von Draminski

Nach der Abfuhr versteht Elle, welchen Typ Frau Warner sucht: „Typ Ernst, Typ Jurastudentin, Typ Jemand-der-schwarz-trägt-obwohl-niemand-tot-ist.“ Sie beschließt Jura zu studieren, um ihn zurückzugewinnen. Die Eltern, die verdächtig an Die Geissens erinnern, verstehen das überhaupt nicht. Doch Elle bewirbt sich in Harvard. Statt eines Motivationsaufsatzes tanzt und singt sie mit ihrem Chor vor den Entscheidern. Eine von vielen Showeinlagen, die perfekt sitzen. Ob es darum geht, synchron zu tanzen oder rückwärts die Treppe hinaufzugehen, zu singen und zu schauspielern – das Ensemble kriegt all das hin. Dabei verrutscht kein Lächeln, es wirkt leicht und einfach, wird auf den Punkt geliefert. Man kann das komplette Ensemble nur loben: Für den Gesang, das Schauspiel, den Tanz; und das Orchester für die gelungene Live-Musik.

Wie gut das komplette Musical durchgeprobt ist, zeigt sich auch an den scheinbaren Kleinigkeiten wie dem Umbau des Bühnenbilds. In riesigen Aktenordnern verbergen sich unterschiedliche Kulissen und werden je nach Bedarf nach vorne gerollt. Das Umbauen selbst scheint choreographiert zu sein.

Um noch einmal auf die Klischees zurückzukommen: Alle Figuren auf der Bühne verkörpern Stereotype wie sie im Buche stehen. Der Scheich mit Sonnenbrille, der Nerd mit langen Haaren und Brille, die Streberin im Poloshirt, der Zeuge mit Schmuck und engen Klamotten („Schwul oder Franzose?“), der muskulöse Postbote und die Fee im grünen Kleid. Wie wenig diese Klischees über die Charaktere der Figuren aussagen, zeigt sich am besten an der Hauptfigur Elle, die viel cleverer ist als man zu Beginn vermuten würde.

Das Musical ist rundum gelungen, vom aufwendig gestalteten Bühnenbild über die vielen bunten Kostüme bis hin zu den tänzerisch-musikalisch-schauspielerischen Leistungen der Studenten. Mag sein, dass Musicals im Allgemeinen und Natürlich blond im Speziellen nicht jedermanns Sache ist, aber das große Musical-Team tut alles dafür, dass die Zuschauer Spaß haben.

Patricia Achter

Alle Termine von April bis Juni 2016 findet ihr auf der „Natürlich blond“-Homepage.

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