Erwin Pelzig ist wieder da! Neben seiner Fernsehkarriere (Pelzig hält sich, Neues aus der Anstalt) schickt Frank-Markus Barwasser seine urfränkische Kultfigur wieder auf die Bühne. Zweieinhalb Stunden politisches Kabarett in bester Tradition, die Chance auf ein politisches Amt und – vielleicht – 25.000 € Preisgeld. Das alles und mehr gibt es am Freitag, den 18. September ab 20 Uhr in der Stadthalle Erlangen.
Bei einem Kabarett kommt es immer auf die erste Pointe an. Sie gibt den Ton des Abends an. Sie entscheidet, ob es ein entspannter Abend, oder eine politische Lehrstunde wird. Hier fällt sie nach einer halben Minute: „Warum soll man sich heute aufhängen wenn es nächstes Jahr viel bessere Gründe gibt?“ Die Zeichen stehen nicht auf entspannt-witzig. Man kann nur spekulieren seit wie vielen Jahren Pelzig diesen Satz mit sich herumträgt. Diese Faszination für die Abgründe der Gesellschaft lässt ihn dahin gehen wo es wehtut. Besonders in der ersten Hälfte des zweieinhalbstündigen Programms nimmt der Franke die große und kleine Politik mit chirurgischer Präzision auseinander. Dabei streift er die Tagespolitik gerade oft genug um aktuell zu sein, letztendlich ist es egal welche Krise Europa gerade wieder erschüttert und welcher Sündenbock durchs mediale Dorf getrieben wird. Man merkt schnell, dass es hier nicht um billige Lacher geht – wie schon bei verschiedenen vielbeachteten Fernsehauftritten will Pelzig einen Blick hinter die Kulissen werfen. Und die Wut darüber, was er hinter dem bunten Politikzirkus findet, gibt das Tempo des Abends vor.
Ämter und Geld im Lostopf
In seinem neuen Programm geht Pelzig noch einen Schritt weiter. Wenn es sowieso egal ist, welche Marionette gerade welchen Posten abbekommen hat, wenn der einzelne Minister sowieso nur ein Spielball von systemrelevanten Banken und mächtigen Lobbyverbänden sind, können die Ministerien genauso gut verlost werden. Hier kommt die Lostrommel ins Spiel, die prominent auf der Bühne platziert ist. Und die Nummern, die am Eingang verteilt wurden. Bei diesem Programm bringt es nichts, sich auf einem Platz in der letzten Reihe zu verstecken. Hier sitzen alle im selben Boot und wenn er die Lostrommel mal wieder dreht kann es jeden erwischen. In der Interaktion mit dem Publikum zeigt Barwasser sein ganzes Improvisationstalent. Wenn er den frisch erlosten Minister oder die neue Bundespräsidentin in ein Gespräch verwickelt und in sein Programm einbaut, wird klar, warum er die Arbeit auf der Bühne vermisst hat. Und mit ein bisschen Kooperation der Zuschauer kann sich ein glücklicher Losgewinner sogar über einen großen Geldbetrag freuen.
Zwischen Kabarett und Stammtisch
Unterbrochen werden die Kabarettnummern immer wieder vom kleinen Stammtisch in der Mitte der Bühne. Sobald Pelzig hinter der Getränkefront aus Bier, Wein und Wasser Platz nimmt, gesellen sich seine alten Wegbegleiter das freudsche Es Hartmut und das fleischgewordene Überich Dr. Göbel zu ihm. Diese kurzen Auftritte zu dritt sind willkommene Ruhepole im aufgewühlten Sturm des politischen Kabaretts. Nach einem Kreuzfeuer aus dramatischen Fakten und Daten tut es gut, Barwasser ein paar Minuten bei seinen Trialogen zu lauschen. Wenn er sich ins Wort fällt, sich unterbricht und einen Streit mit sich selbst austrägt, ist das sehenswert, technisch ausgefeilt und einfach nur komisch.
In der zweiten Hälfte schlittert Pelzig gelegentlich über die feine Grenze zwischen Kabarett und Comedy. Man merkt schnell, dass das nicht seine Welt ist. Zum Glück wendet er sich bald wieder der großen Politik zu – und hier ist er ungeschlagen. Wenn er sich durch Tagespolitik, Personalfragen und Eurorettung gewühlt hat, kann er endlich die großen Fragen stellen. Antworten hat er keine – und ist es am Zuschauer Lösungen für die Probleme der Welt zu finden. Nur so kann politisches Kabarett funktionieren.
Simon Lukas
„Pelzig stellt sich“
Freitag, 18. September, 20 Uhr in der Stadthalle Erlangen
Karten unter www.adticket.de und www.reservix.de