Bärendienst für die Menschenrechte

Bürgerrechte für den Bären? Ted vor Gericht Bild: Universal Studios

Bürgerrechte für den Bären?                 Bild: Universal Studios

In Ted 2 lässt Family Guy-Schöpfer Seth MacFarlane seinen plüschigen Protagonisten vor Gericht ziehen. Der sprechende Teddy möchte seine Menschenrechte einklagen. Dass der Film nichts taugt, ist keine große Überraschung. Wie willkürlich er mit dem Begriff der Menschenrechte jongliert schon.

Im ersten Teil ging es noch um durchzechte Partynächte, jetzt wagt sich Autor, Regisseur und Bärenmime Seth MacFarlane an eine der größte ethischen Fragen: In Ted 2 möchte Titelheld Ted ein Kind adoptieren. Und dazu muss der dauerkiffende Teddybär beweisen, dass er eine Person ist und ergo Menschenrechte hat. Eine interessante Vorlage, die MacFarlane für eine Serie aus obszönen Witzchen und billigem Slapstick nutzt. In der Nebenhandlung wird Ted von einem verrückten Hausmeister und einem bösen Spielzeughersteller entführt, was ungefähr so belanglos ist, wie es klingt. Wie beliebig hier mit dem Menschen- und Personenbegriff hantiert wird und welche abenteuerlichen Definitionen dabei ausgebreitet werden, ist erschütternd.

Die Gott-Definition

„Ein Mensch zu sein […] ist ein Geschenk, das Gott nur einer Spezies zu Teil werden ließ.  Uns.“

Gleich zu Prozessbeginn wird es pathetisch. Ein schmieriger Gegneranwalt darf theologisch werden und den Teddy aus dem Kreis der Personen kicken. Atheist MacFarlane achtet dabei darauf, dieses Argument so unsympathisch zu verkaufen, dass ja kein Zuschauer es ernst nehmen kann. Dafür dass immer noch – und beileibe nicht nur in Amerika – eine metaphysische Grenze zwischen Mensch und Tier gezogen wird, wird der ganze Themenkomplex Religion hier erstaunlich schnell abgehandelt. Auch wenn sich nicht mehr jeder auf die Schöpfungsgeschichte beruft, die Beschwörung einer transzendenten Seele zählt noch immer zu den Klassikern der Argumente um die Menschenwürde.

Die Nutzen-Definition

„Das wichtigste am Menschsein ist, einen Beitrag für die Gesellschaft zu leisten.“

Mit der nächsten Mensch-Definition lässt der Film jedes metaphysische Beiwerk hinter sich und bemüht eine fundamental Nutzen-orientierte Philosophie. Ein Mensch muss einen Nutzen für die Gesellschaft haben, wer nichts leistet ist nichts wert. Das ist selbst für amerikanische Verhältnisse ein starkes Stück. Umso schlimmer dass es diesmal Sympathieträger Morgan Freeman ist, der die Definition aufsagen darf, bevor er dem Teddy das Mensch-sein abspricht. Bezogen auf den konkreten Fall wird es sogar richtig absurd: Ted arbeitet als Kassierer in einem Supermarkt. Er möchte ein Kind adoptieren und damit Verantwortung für eine Familie übernehmen. Wenn er der Gesellschaft damit noch nicht genug nutzt, muss man sich ernsthaft fragen, wer in Mr. Freemans Welt überhaupt Menschenrechte beanspruchen darf.

Die Empathie-Definition

„Was einen Menschen ausmacht ist […] die Fähigkeit komplexe Gefühlslagen zu erkennen, sowie die Fähigkeit zur Empathie.“

Zuletzt verfällt der Film auf eine seltsam verzettelte biologische Definition des Menschseins, die gerade weit genug gefasst ist, um unseren pelzigen Freund noch einzuschließen. Dass Kinder ziemlich jeden Alters und zahlreiche Fälle von psychischer Auffälligkeit hier unter den Tisch fallen, geht im Trubel der Siegesfeier unter. Der Film beruft sich hier auch erstmals auf einen Experten, die Anthropologin Dawn Prince-Hughes. Aber ob der passionierten Affenforscherin und Autorin eines Buches namens „How I Discovered That No One Is Normal“ mit dieser kruden Definition des Menschseins ein Gefallen getan wurde, bleibt offen.

Die Frage was den Menschen ausmacht zählt – zumal in der juristischen Verknüpfung mit Menschenrechten –  zu den wichtigsten und drängendsten der Gegenwart. Sie der Dramaturgie einer plumpen Komödie unterzuordnen ist nicht nur unüberlegt. In Zeiten von Präimplantationsdiagnostik und Sterbehilfedebatten ist es gefährlich. Besonders angesichts einer völlig unverständlichen FSK 12-Freigabe. Die Definition des Menschen ist zu wichtig, um sie Seth MacFarlane und seinem kiffenden Bären zu überlassen.

Simon Lukas

Ein Gedanke zu „Bärendienst für die Menschenrechte

  1. Ted 1 war schon nicht gut, aber die Fortsetzung hört sich noch schlechter an. Seichte Unterhaltung, in die philosophisches Material verpackt ist, funktioniert meistens nicht gut. Fazit: Seth MacFarlane sollte sich lieber ans Serienformat halten.

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