Der Plan war, abends etwas trinken zu gehen und nebenbei unterhalten zu werden. Die Musenhäppchen im E-Werk kamen gerade recht: Musik, Geschichten, Bier, und all das umsonst (zugegeben: Freibier gab es nicht). Ein buntes Programm, aus dem man jederzeit aussteigen kann. Das war der Plan. Er hat sich geändert. Eigentlich schon beim Soundcheck, bei den ersten vielversprechenden Klängen. Auch wenn zu dem Zeitpunkt schon klar war, dass es laut werden würde.
9. Juni 2015, 20.10 Uhr: Es wird laut. Nicht so laut wie befürchtet, aber Gespräche sind nur brüllend möglich, immer im Wettkampf mit der Punkband Hotfrey go!. Die Idee vom Nebenbei-unterhalten-werden hat sich erledigt. Die Musik steht im Mittelpunkt. Mit selbstgeschriebenen Songs (die sich auffallend oft um Sex drehen, egal ob nun mit oder ohne Aliens) eröffnen die Bandmitglieder den Abend. Es wäre ungerecht, sie als Vorband zu bezeichnen. Sie geben alles, spielen eigene Musik, bauen Gags ein (über die nicht jeder lachen kann, aber was soll’s, sie sind schließlich als Musiker und nicht als Comedians angekündigt worden). Bei allem Engagement lässt sich das Publikum aber nicht so richtig mitreißen, die Band muss selbst eine Zugabe vorschlagen. Gerade deswegen sollte nochmal betont werden: Hotfrey go! ist keine Vorband, sie ist Teil des Abends, gleichwertig, ein eigener Programmpunkt. Die Zuschauer sind am Anfang nur noch nicht aufgewärmt.
An den lautesten Programmpunkt schließt sich direkt der leiseste an. Das Autorenduo Schaffenskrise muss zunächst die sich über den Tisch anbrüllenden Zuschauer zur Ruhe bringen – was erst nach einer Weile einigermaßen gelingt. Schade für die Autoren, die mit ihren Kurzgeschichten über Eifersucht und das Ende einer Beziehung Stille für die richtige Stimmung gebraucht hätten. So entsteht nur ein Eindruck der Atmosphäre, nachdenklich und ernst: „Ich habe verlernt alleine zu sein.“ Besser wird die Stimmung wahrscheinlich vermittelt, wenn die Schaffenskrise am 5. Dezember ihr neues Buch im Kulturforum Fürth vorstellt.
Nach der Ruhe der nächste Sturm: Die Band White Tiger erfüllt die Kellerbühne mit Pop- und Rock-Musik. Die Leadsängerin wird von Background-Sängern unterstützt, was besonders bei rockigeren Songs gut zur Geltung kommt. Deutsch und Englisch, Ballade und Rocksong wechseln sich ab.
Die größte Überraschung des Abend moderiert nach einer Pause Sebastian Fischer an: Hertztöne. 15 Erlanger Studenten bilden ein Vokalensemble, das die Zuhörer verstummen lässt – wortwörtlich. Niemand wagt es, diesen harmonischen Gesang zu stören. Instrumente brauchen sie nicht, sie haben ihre Stimmen. Wie das klingt, ist kaum zu beschreiben. Deshalb gibt es hier eine kleine Kostprobe. Live sind die Hertztöne am 2. Juli um 20 Uhr in der Orangerie Erlangen zu erleben.
Vollkommen aus der Reihe tanzt der nächste Programmpunkt: Culture on Wheels. Zwei Studentinnen stellen ihr Projekt mit einem Film vor. Es geht um Studenten aus der ganzen Welt, die in Erlangen Radfahren – aber kaum Verkehrsschilder kennen. Culture on Wheels organisiert für sie Radtouren und erklärt die deutschen Verkehrsregeln, alles auf Englisch.
Zum Abschluss singt Alex Perez (und man kann davon ausgehen, dass es geplant war, den Stargast des Abends, der durch die gesamte Metropolregion tourt, als Highlight am Ende auftreten zu lassen). Wer beim FAU-Wunschkonzert dabei war, kennt ihn schon. Fest steht: Seine Stimme in Kombination mit der Akustikgitarre lassen einen alle Pläne vergessen. Es lohnt sich, bis zum Ende zu bleiben.
An diesem einen Abend hat das Publikum einen Ausflug durch mehrere Musikstile gemacht, einen Abstecher zu einer Lesung und zu einem Fahrrad-Vortrag. Das klingt erstmal sehr gut. Ist es auch. Ein Aber gibt es trotzdem: All diese unterschiedlichen Darbietungen werden durch den Rahmen, also das Programm und die Location, in ein Korsett gezwängt, das nicht immer passt. Der Bogen von extrem lauten zu extrem leisen Tönen ist sehr weit. Die meisten Programmpunkte würden besser auf eine andere Bühne passen, wo es selbstverständlich ist mitzusingen oder eben zu schweigen. Das ändert nichts daran, dass es ein schöner Abend mit abwechslungsreichen Eindrücken ist. Genau richtig für eine Planänderung.
Patricia Achter