„Jetzt lebt der SCHON WIEDER!“

Die Elchjagd... (c) Jutta Missbach

Die Elchjagd… (c) Jutta Missbach

Jaroslaw Past will aber auch einfach nicht sterben – selbst im halbtoten Zustand ruft er noch Elizas Namen. Blut klebt am Kandelaber der Oma, Hirn verschmiert den Boden. Und genau jetzt stehen die Schwiegereltern in spe zur Verlobungsfeier vor der Tür; Konrad weiß doch auch ohne Leiche im Schrank schon nicht, wie er beim pensionierten General alias Romuald um die Hand seiner Tochter anhalten soll…

„Was stinkt denn hier so?“ ist gleich das Erste, was Ex-General und Schwiegervater in spe Romuald von sich gibt. Und was ist denn das auf dem Boden? Blut? Romuald bekommt erst einmal einen traumatischen Anfall, noch bevor der Abend eigentlich angefangen hat. Und wirklich – aus dem Schrank tropft tatsächlich etwas Hirn gemischt mit Blut auf den Boden. Eliza erklärt die Situation mit „Frauensachen“ und der Abend verläuft doch noch in einigermaßen geregelten Bahnen, die Schwiegereltern freuen sich für die frisch Verlobten. Doch kaum sind sie aus der Tür, fängt Konrad auch schon wieder mit diesem symbolischen psychologischen Gerede von der Leiche im Schrank an – die Psychologin Eliza kann die Unreife ihres Zukünftigen nicht fassen. Immer ist irgendwas, was gerade gegen eine Heirat spricht: Erst das Studium, dann zu wenig Geld, um eine Wohnung zu kaufen und jetzt auch noch eine blöde Leiche im Schrank, für die angeblich sie selbst verantwortlich sein soll!

Romantischer Alptraum
Eliza ist alt genug, sie will nicht warten bis Konrad reif genug ist, sich zu binden. Wie gut, dass sich herausstellt, dass der mit dem Kandelaber der Oma erschlagen geglaubte Past gar nicht so tot ist, wie angenommen. Der Tierarzt Konrad versorgt den Schwerverletzten in der Nacht mit ein paar Geräten aus seiner Praxis, die Ehe scheint gerettet. Jetzt muss der Frischverlobte sich nur noch aus der Sache mit der Elchjagd hinaus manövrieren, zu der ihn Schwiegervater Romuald unbedingt mitnehmen will. Doch Eliza spielt Prinzessin, sie kann und will sich nicht zwischen Konrad und Past entscheiden. Also lassen die beiden Männer eine Münze entscheiden, wer den Kampf um Eliza gewinnt und wer sterben soll. Da kommt Konrad die Elchjagd doch wieder ganz gelegen – Past verliert und Konrad muss sich einen geeigneten Tod für ihn ausdenken. Der in einem Elchkostüm verkleidete Therapeut wird also im nächtlichen Wald bei der „Elchjagd“ von Konrad erschossen; und letzterer gewinnt mit dieser kühnen Tat Elizas Herz voll und ganz.

Die perfekte Familienidylle (c) Jutta Missbach

Die perfekte Familienidylle (c) Jutta Missbach

 

Morden liegt in der Familie
Wie der Vater so der Schwiegersohn? Nicht nur Konrad gewinnt das Herz seiner Liebsten mithilfe des kaltblütigen Mordes am Nebenbuhler; auch Romuald eroberte seine „Mausi“, indem er einfach ihren Geliebten Arnold umbringt. Liegt Mord bzw. der Gefallen daran also in der (angeheirateten) Familie? Nach einer kürzeren Ehekrise kehrt schließlich auch „Mausi“ wieder zu Romuald zurück, als sie beschließt, dass der Mord an Arnold durch ihren jetzigen Gatten zu verschmerzen sei. Am Ende wartet also das „lange, langweilige Eheleben“ auf beide Paare – „nichts lieber als das“, denkt sich Eliza.

 

 

"Ich habe ein Messer!" (c) Jutta Missbach

„Ich habe ein Messer!“ (c) Jutta Missbach

Thalias Kompagnons
Die besagte Jagd gibt dem Stück auch seinen Namen: „Die Elchjagd“ nach dem Roman vom polnischen Autoren Michal Walczak wurde am Dienstag, den 12. Mai, im Rahmen des Figurentheaterfestivals 2015 im Fürther Kulturforum von Thalias Kompagnons aufgeführt. Hinter Thalias Kompagnons stehen Tristan Vogt und Joachim Torbahn, die schon zahlreiche Preise für ihr „Puppentheater“ gewonnen haben und im ganzen deutschsprachigen Raum sehr begehrt sind. „Die Elchjagd“ ist eine Komödie, der Humor darin wohl eher zynisch. Doch anders hätte man an dieses Schauspiel der menschlichen Abgründe wohl kaum herangehen können, möchte man die Leser bzw. Zuschauer nicht vollends verstören. Es ist dieser ernsthafte Pragmatismus, mit dem die Figuren wie selbstverständlich ihr Leben rund um (vermeintlichen) Mord und Totschlag arrangieren, der so absurd ist, dass es schon wieder urkomisch wird. Und all diese grausamen und doch zum Brüllen komischen Absurditäten in gut einer Stunde auf die Bühne, also den Schreibtisch, gebracht von einzig und allein Tristan Vogt in fünffacher Persönlichkeit – nicht umsonst erntete „Die Elchjagd“ am vergangen Dienstag tosenden Applaus in der Großen Halle des Kulturforums Fürth.

Sabine Storch

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