Ein starker Start?

der-himmel-ist-ein-platz-auf-erden-102~_v-varxl_da7b1a Der erste Franken-Tatort hatte alles, was ein guter Tatort braucht. Einen Mord, klar. Politik, Eifersucht, kauzige Typen und Ermittler, die es mit Dienstvorschriften nicht so genau nehmen. Das alles jedoch in homöopathischen Dosen.

Mitte 2012 verkündete Ulrich Wilhelm, Intendant des Bayerischen Rundfunks, dass es einen Franken-Tatort geben soll. Seitdem wurde das Projekt gerade hier in der Region mit großem medialen Aufwand begleitet. Vor allem bei den Studierenden und Mitarbeitern der Universität, die in der ersten Folge gleich zum Ermittlungsort wurde, war das Interesse immens. Deutlich wurde dies etwa durch das Public Viewing am gestrigen Abend, das im „Hörsaalkino“ an der Technischen Fakultät stattfand und überaus gut besucht war.

Man konnte ja auch das beste erwarten, Spiegel online schrieb von einem „starken Start„. Die Bilder, die man vorab zu sehen bekam, sahen auch vielversprechend aus. Und das beruhigte ja zumindest jeden, der fürchtete einen Heimatkrimi auf dem Niveau der „Rosenheim-Cops“ vorgelegt zu bekommen. Zugegeben, das ist es auch nicht geworden. Dennoch ist der erste Tatort aus Nürnberg nicht unbedingt gelungen.

Der Kommissar Felix Voss (Fabian Hinrichs) tritt seine neue Dienststelle in Nürnberg an und hat sogleich seinen ersten Fall. Ein SUV parkt in einem abgelegenen Waldstück, darin ein Erlanger Professor, getötet durch zwei Kopfschüsse. Die erste Spur führt zu seinem Arbeitsumfeld; es stellt sich heraus, dass er an einem geheimen Raketenprogramm geforscht hat. Diese Spur verläuft allerdings im Sande, genau wie die Randbemerkung von Voss‘ Kollegin Paula Ringelhahn (Dagmar Manzel) über die leerstehenden Gebäude von Quelle und AEG. Es war wohl diese Szene die teilweise dazu führte, dass die Darstellung von Nürnberg als ‚vielschichtiges Stadtporträt‘ bezeichnet worden ist. Viel eher offenbaren sich hier die Verlegenheitsdialoge eines unausgereiften Drehbuches. Nur so erklärt sich schließlich, warum trotz mehrfacher Plot-Twists eigentlich nach der Hälfte des Krimis der Mörder bekannt und der weitere Verlauf der Handlung wirklich allzu leicht vorherzusehen ist.

Klar, Matthias Egersdörfer ist ein herrlicher Spurensicherer. Von ihm hätte man gerne mehr gesehen. Verständlich ist es aber auch, dass sich gerade die erste Folge vor allem auf ihre beiden Kommissare konzentriert hat. Trotzdem bleibt vor allem die Rolle des Felix Voss blass und ungreifbar. Gerade ihm hätte ein bisschen weniger Stoßstangenkamera-Szenen, dafür ein stärkerer Fokus auf die neuen Ermittler gut getan. Stattdessen hört man Dialoge wie diesen:

Voss, kommt zu spät zur Teamsitzung: „Guten Morgen. Entschuldigung, ich habe zweieinhalb Stunden auf meine Möbel gewartet – die dann gar nicht kamen…“
Kommisar Fleischer: Möbel werden überbewertet.“
Voss: „Och, so ne Bettdecke…“

Das ist leider nicht der einzige Wortwechsel von dieser Qualität. Allerdings: „Der Himmel ist ein Platz auf Erden“ ist auch kein ganz schlechter Tatort. Das Motiv ist am Ende Eifersucht, der Mord die Übersprungshandlung des Babysitters der Richtersgattin Charlotte Pahl (Ulrike C. Tscharre). Sie hatte eine Affäre mit dem getöteten Professor – und eben auch mit dem Babysitter ihrer Kinder. Das ist vielleicht auch die originellste Idee des Films, in dieser klischeebelasteten Konstellation die Geschlechterrollen umzukehren. Die beste Szene? Das SEK, das am helllichten Tage die Mittagsvorstellung eines Kinderfilms stürmt. Oder der beste Moment von Fabian Hinrichs, der nach der finalen Verfolgungsjagd mit fast schon väterlicher Inbrunst an den Täter appelliert: „Nie wieder! Nie wieder!“ Dieser Moment lässt auf weitere Folgen hoffen.

Timo Sestu

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