Wenn in einer Faust-Inszenierung Frittenbude ertönt, dann scheint der Untergang der Höhenkammliteratur damit besiegelt. Säße in einer solchen Inszenierung ein konservativer, grundsätzlich etwas kulturpessimistischer Feuilleton-Kritiker, raufte er sich, spätestens, wenn dann auch noch Hildegard Knef Für dich solls rote Rosen regnen trällert, die Haare und interpretierte die Inszenierung möglicherweise verzweifelt als Parodie.
Das studentische FEW-Theater probt aber gerade für einen Faust, in dem genau diese Kombination zu hören ist, und hat dabei keineswegs eine Parodie im Sinn – sondern einen guten Grund, den Goethe´schen Faust so zu interpretieren.
Vielleicht stellen der Fauststoff und Popkultur nämlich mittlerweile keine kontrapunktisch entgegengesetzten Pole mehr dar. Vielleicht ist es angesichts der unendlichen Anzahl an Inszenierungen durchaus angebracht, Kultur und ihre Entwicklungszusammenhänge zu thematisieren und Goethes Grundlage mit Elementen der Gegenwartskultur zu kombinieren.
Die erschöpfen sich nicht in der Musik, auch der Text stellt eine Kombination aus Originalpassagen und Ausschnitten aus Gegenwarts-Theaterstücken, beispielsweise Palmetshofers hamlet ist tot. keine schwerkraft, dar. Faust also als „Spiegelbild der deutschen Kultur“, wie es im Begleitheft heißt, Intertextualität in mehrerlei Hinsicht.
Inhaltlich soll gleichzeitig eine „Reduktion auf die Essenz“ erfolgen: Gretchen – Heinrich – Mephisto, das sind nach Ansicht der Formation um Andreas Pommer und Anneke Ulrike Steffen die Charaktere, die bei einer solchen Reduktion übrig bleiben. Dazu bilden ausgewählte und schnell wiedererkennbare Szenen das zeitraffende Gerüst der Inszenierung.
Innovation und Kurzweiligkeit verspricht das sicher. Gleichzeitig stellt diese Art der Interpretation aber auch eine große Herausforderung dar: Kann inhaltliche Reduktion bei gleichzeitiger Kombination mit popkulturellen Elementen der Komplexität eines Werkes wie Faust gerecht werden und führt das Ganze nicht zu ungewollter Banalisierung?
Faust, Mephisto und Gretchen sind alle mehrfach besetzt, die Schauspieler wechseln ständig die Charaktere. Die Idee dahinter: Keine vorgegebene Interpretation liefern. Hierzu passt: ein sehr zurückgenommenes Bühnenbild, schlichte Kleidung der Schauspieler.
Das klingt stimmig, wirft allerdings auch die Frage auf, was am Ende übrig bleibt von einem Klassiker, der auch deswegen einer ist, weil er auf zahlreichen Ebenen zahlreiche Themenkomplexe behandelt und dabei anthropologische Grundfragen stellt.
Reduktion kann gerade in dieser Hinsicht Mehrwert bedeuten. Leerstellen, die der Zuschauer selbst füllen kann, der Thematik durchaus angebracht. Aber eben nur dann, wenn nicht leichtfertig reduziert wird, wenn dem Zuschauer plausible Möglichkeiten geboten werden, Leerstellen zu füllen – beispielsweise durch geschickt eingesetzte intertextuelle Verfahren.
Inwiefern das gelingen wird, davon kann sich jeder selbst überzeugen – und zwar am 22. Januar oder am 30. Januar um 19:30 im Frankenhof in Erlangen.
Vera Podskalsky
Karten gibt es hier.