Ein wenig seltsam ist er schon, der neue Film von Umberto Pasolini. Seltsam, beinahe eigentümlich langsam und mit einer Gemächlichkeit, die man heute nur noch selten im Kino findet. „Mr. May und das Flüstern der Ewigkeit“, oder im Original schlichter und treffender „Still Life“, erzählt von dem eintönigen Leben des Mr. May, der verblüffend entwaffnend vom bisher ewigen Nebendarsteller Eddie Marsan gespielt wird.
Dieser drehte zwar schon mit Martin Scorsese, Mike Leigh, Steven Spielberg, Woody Allen oder den Wachowski-Geschwistern, aber erst Umberto Pasolini gab ihm die längst überfällige Kinohauptrolle – und bereitet dem Publikum damit eine große Freude.
Wir begleiten Eddie Marsan alias Mr.May durch ein karges, tristes, scheinbar freudloses Leben, das er als Mitarbeiter eines Bestattungsunternehmens führt. Seine Hauptaufgabe ist das Aufsuchen von entfernten Verwandten jüngst Verstorbener. Als er grundlos entlassen wird, beschließt er seinen letzten Auftrag umso gründlicher zu Ende zu bringen. Und erlebt dabei endlich mal die eine oder andere Überraschung.
Der Tod ist überpräsent in diesem Film. Selten sieht man so viele Grabsteine, so viele leere, verwahrloste Wohnungen von einsamen, traurigen Menschen. Auch die Lebenden sind nicht besonders fröhlich. Und der Film ist es eigentlich auch nicht. Aber Mr. May ist ein so eigentümlicher, erfrischend anderer Kauz, der auch noch so herzergreifend gespielt wird, dass man ihn einfach mögen, ihm das Beste wünschen muss. In langen Einstellungen sieht man ihn durch Londons Straßen spazieren, Dinge erledigen, die so uninteressant sind, dass es schon wieder Spaß macht, sich zurück zu lehnen und mit zu fiebern, ob Mr. May seine Erlösung findet. Vielleicht in Form der jungen charmanten Kelly (gespielt vom Downton-Abbey Star Joanne Froggatt), vielleicht aber auch nicht.
In diesem Film denkt man zwar die ganze Zeit, man wüsste, was als nächstes passiert und wird doch immer wieder überrascht. Nein, hier gibt es keine überstrapazierte Handlung, keine überbordenden Nebenstränge und Nebensächlichkeiten. Nur einen Mann, der weder oben noch unten ist, nur irgendwo dazwischen. Und charmant, traurig, melancholisch versucht, sich daraus zu befreien.
Man sollte sich die 90 Minuten Zeit nehmen, sich auf Mr. May und seine Ewigkeit einzulassen. Auch wenn nicht viel passiert, auch abgesehen vom überraschenden Ende und einigen spannenden, sorgsam inszenierten Wendungen und vielen geistreichen, großartigen Regieideen – man könnte doch etwas verpassen.
Begleitet Mr. May auf seiner Suche – ab 4.9. im Lamm Lichtspielhaus in Erlangen oder im Metropolis Kino, Nürnberg.
Julien Dopp