Liegt es an Guilia Enders´ Darm mit Charme? Hat er den Science Slam so populär gemacht? Oder besteht ein grundsätzliches Bedürfnis nach Slam, der sich endlich einmal unabhängig von Poesie bewegt? Gibt es viele, die ein Verlangen haben, ihr Wissen verständlich wiederzugeben, und noch mehr, die Lust haben, Wissen aufzunehmen? Vermutlich ist es eine Mischung aus alledem, die dazu führt, dass der erste Erlanger Science Slam im E-Werk von der Clubbühne in den Großen Saal verlegt wird, der vollkommen ausverkauft ist.
Science Slam unterscheide sich doch ziemlich von Poetry Slam, das betont Organisator Philipp Schrögel gleich zu Beginn und dann immer wieder. Er hat dieses Semester einen Science Slam Workshop angeboten, im E-Werk findet nun die „Abschlussprüfung“ für die Teilnehmer statt. Und dass Science Slam sich tatsächlich ziemlich von Poetry Slam unterscheidet, ist auf den ersten Blick sichtbar: eine Leinwand für Beamer-Präsentationen ist angebracht, die gehören nämliche als wesentliche Bestandteile zum Vortrag, schließlich soll hier Wissenschaft übermittelt werden.
Eine gewisse Verwissenschaftlichung scheint auch durch, als Schrögel mittels Präsentation das Bewertungssystem erklärt: Statt über gemütliches Klatschen und Entscheidung nach Gehör des Moderators wird der Sieger über ein ausgefeiltes Punktesystem ermittelt: Ein bis zehn Punkte in der Kategorie „Slam“, die für den Unterhaltungswert des Vortrages steht, ein bis zehn Punkte in der Kategorie „Science“, bei der es um die Vermittlung des wissenschaftlichen Inhaltes geht. Zehn Klemmbretter verteilt Schrögel anschließend im Publikum, die Klemmbrett-Besitzer sollen sich mit ihren Zuhörer-Nachbarn kurzschließen. Am Ende der Veranstaltung notieren sie die vergebenen Punkte aufs Klemmbrett-Papier und halten es hoch, damit die Bewertungen in einer trickreichen Excel-Tabelle vermerkt werden können. Die ist so trickreich, dass sie für jeden Teilnehmer jeweils die höchste und niedrigste Bewertung streicht.

Sieger Patrick Mullan. Foto: Nils Pickert.
Fünf Slammer haben an diesem Abend zehn Minuten Zeit sich zu bewähren. Benedikt Koperas Vortrag aus der Kulturgeografie mit dem Titel Glaube keiner Karte, die du nicht selbst gefälscht hast! erscheint dabei als Exot unter Informatik, Nanotechnologie und Maschinenbau. Dass auch im Publikum ein Übergewicht aus Mitgliedern der Technischen Fakultät zu bestehen scheint, zeigt sich immer dann, wenn die Kombination der Wörter Informatiker und Frauen für lautes Gelächter sorgt, und das geschieht sehr häufig. So erstaunt es nicht, dass Simon Bard den Dating-Algorithmus vorstellt und sogar VWL-Student Simon Reif, der den Slam als erfahrener Slammer außer Konkurrenz einleitet, trifft mit seiner Thematik ökonomische Theorie der Ehe den richtigen Ton. Sieger wird schließlich Patrick Mullan mit seiner Präsentation Bildkompression – oder wie kommt das Kamel durch’s Nadelöhr?. Im Deutschland-Trikot erläutert er anhand von Fußballfotos seine Wissenschaft und bringt dabei nicht nur zum Lachen, wenn zum Beispiel brasilianische Fans vergrößert als gelbe Minions erscheinen, sondern vollzieht jeden Schritt nachvollziehbar, sodass es am Ende logisch erscheint, wenn nun sogar mehrere Kamele durchs Nadelöhr passen. Wissenschaftskommunikation mal anders also, Popularisierung ohne Trivialisierung und auch noch mit Vergnügen – der erste Science Slam in Erlangen scheint erfolgsversprechend.
Vera Podskalsky
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