
Foto: Arne Schmitt
Wer am vierten Juli in den Keller des Gummi Wörner stieg, konnte im Rahmen von ARENA an einer interaktiven Tanzperformance teilnehmen. Das Ziel: „Dance yourself clean“. Auf der Suche nach Utopie rückten knapp 30 Leute eng zusammen, legten sich die Hände auf die Köpfe, tanzten im Kreis und sahen ihrer eigenen Bewegung dabei zu, wie sie die Körper wechselte. Als die Musik aus war und die Farben wieder aus den Gesichtern gewischt, sprach ich noch kurz mit dem Künstler Benjamin Pohlig über Künstlersprachen, Feedback-Schleifen und die Grenzen von Du und Ich.
And it’s very far away
But it’s growing day by day
And it’s all right, baby, it’s all right.(Talking Heads: Road to Nowhere)
Von wo aus bist du nach Erlangen aufgebrochen?
Von Berlin, ich arbeite da als freiberuflicher Tänzer – normalerweise. Vor dieser Performance war ich noch nie Schamane.
Aber die Performance hast du schon öfters gemacht?
Allerdings. Heute war’s das siebte Mal und jedes Mal ist es ganz anders. Gestern zum Beispiel hab ich auf der Koproduktions-Party performt und die Leute wollten alle sofort miteinander tanzen. Klar, die waren in Partystimmung, die wollten nicht viel zuhören. Dabei geht es mir vor allem um ein intimes Erlebnis.
Intim war’s heute auf jeden Fall.
Für „Dance yourself clean“ ist der Kontext unheimlich wichtig. Heute, in diesem kleinen Keller vom Gummi Wörner, hat sich schneller eine Intimität aufgebaut. Da gibt es keine Ausweichmöglichkeit, die Leute haben sich alle im Blick.
Du hast immer wieder von Du und Ich gesprochen. Hattest du während einer deiner Aufführungen schonmal das Gefühl, Ich und Du sind tatsächlich verschmolzen?
„Dance yourself clean“ ist eine sehr naive Performance. Ich gehe davon aus, dass Ich und Du gar nicht verschmelzen können, weil es zwischen dir und mir keinen Unterschied gibt. Wir sind dasselbe. Um das erlebbar zu machen, möchte ich eine gemeinsame Erfahrung schaffen, an der alle teilnehmen können. Dabei teile ich auch die Rolle des Performers. Jeder soll Performer und jeder Publikum sein.
Und wie bereitest du dich darauf vor, so ein Erlebnis zu schaffen? Kann man Utopie üben?

Mit freundlicher Genehmigung des Künstlers
Nicht wirklich. Den Ablauf hab ich mir natürlich vorher überlegt: Ich steige immer übers Sprechen ein, spiele den Leuten ein Lied vor und rede drüber. Dann fang ich an zu tanzen und nehme die Zuschauer schließlich mit. Die Länge der Performance wird von der Musik bestimmt. Und egal, wie lange die Musik ist, sie reicht nie. Am Ende wollen wir meistens noch weitermachen.
Gut, dass du bei ARENA schon morgen weitermachen kannst. Wie gefällt dir das Festival denn?
Ich find es sehr gelungen. Das ist ja alles ehrenamtliche Studentenarbeit! Wirklich bemerkenswert. Es ist toll, hier so viele Künstler aus so unterschiedlichen Bereichen zu treffen: Tanz, Performance, Sprechtheater. Das sind unterschiedliche Welten mit unterschiedlichen Sprachen. Am liebsten würde ich bei ARENA das Feedback-System von der Amsterdamer Schule DasArts ausprobieren. Die Sprachen der anderen Künstler lernen und sich intensiv austauschen. Das fehlt mir hier noch ein wenig: Ein Raum für Kritik, in dem man eng zusammenarbeiten kann und sich gegenseitig weiterbringt. Hier ist so viel Potential! Gemeinsam könnten wir zum Beispiel herausfinden, wie man noch mehr Leute, die beruflich nichts mit Theater zu tun haben, auf so ein Festival lockt. Schließlich sollte Theater nicht nur sich selbst beweihräuchern, sondern auch alle anderen ansprechen.
Dann verschmelzen in ganz Erlangen das Du und das Ich.
Aber die gibt’s doch gar nicht! Wir sind alle dasselbe. Zumindest wäre das schön – vor allem während ARENA.
Rebekka Knoll