Das schlichte Männchen mit den langen, zum Ausfall tendierenden Locken betrifft mit einiger Verspätung, aber jovial und verschmitzt grinsend, die Bühne, greift sich seine grüne E-Gitarre und fängt an – tief über das Instrument gebeugt und sich immer weiter verkrampfend –, mit seinem Trio wilde Töne, ganz locker aus der Hüfte zu spielen. So könnte man den gestrigen Auftritt des Scott Henderson Trios in der Kofferfabrik Fürth zusammenfassen.
Das nach dem renommierten Gitarristen Scott Henderson benannte Trio besteht aus ihm selbst sowie dem E-Bassisten Travis Carlton und dem Drummer Alan Hertz, die in Fürth bislang unveröffentlichte, langandauernde Stücke präsentieren, die sie für ihr neues Album planen. Alle drei zeichnen sich durch ein außergewöhnliches Talent und hohe musikalische Fähigkeiten aus; darum ist es umso bedauerlicher, dass bei alledem nichts besonders Wohlklingendes herauskommt.
Die Musik ist eine wilde Mixtur aus Jazz, Blues sowie ein bisschen Hard Rock und entzieht sich einer klaren Kategorisierung, da erstaunlicherweise (und das mit nur wenigen Griffen!) manchmal alles parallel kombiniert wird, manchmal aber auch semimelodisch alterniert und umheroszilliert. Vor allem die einzelnen Vorzüge des Jazz und Blues gehen in den rasch immer schneller und lauter werdenden Stücken leider zu oft unter, während die wild-chaotischen Rockelemente im Spiel eher grenzdebil und partiell unpassend wirken. Angenehmer ist da schon ihr seltener, erlesener und kurzzeitiger Wechsel zu langsameren Blues.
Ein durchwachsenes Musikerlebnis
Zwar spielt das Trio also durchaus rhythmisch, aber nicht besonders wohlklingend. Von einer Harmonie der drei Musiker ist auch nur selten etwas zu vernehmen, da Henderson überproportional präsent ist, während Hertz und Carlton nur Staffage zu sein scheinen, zumal sie, bis auf einmal (am Schluss), kaum Soli bekommen – dann aber zeigt vor allem der Drummer seine hohe Kompetenz. Was alle drei, außer ihrem Talent, ebenfalls noch an diesem Abend zu einen scheint, ist vor allem die Energie und Wildheit, die sie ganz unangestrengt beim Spielen an den Tag legen, zu immerhin ein paar ältere Groupies wild wippen.
Alles in allem handelte es sich um ein eher durchwachsenes Musikerlebnis, das nur sehr spezielle Geschmäcker zu bedienen vermag und auf dem zweiten Blick nicht mehr so viel mit Jazz und Blues zu tun hat, wie es postuliert wird. Weiß man jedoch diesen wild-chaotischen (und für mich persönlich manchmal unwohlklingenden) Mix zu schätzen und legt einen nur geringen Wert auf klassischen Jazz, kann man als Zuhörer von diesem dargebotenen Können auch profitieren.
In der Kofferfabrik (Lange Straße 81, 90762 Fürth) finden regelmäßig Konzerte statt, weitere Informationen dazu gibt es unter: http://kofferfabrik.cc/konzerte/konzerte.html.
Philip J. Dingeldey