Das AMVi-Theater hat seine Expertise in Sachen Komik einmal mehr unter Beweis gestellt. Am 31. Januar zeigte sie Ödön von Horvaths Volksstück Kasimir und Karoline – konzentriert auf das Wesentliche und schauspielerisch punktgenau.
Der Abend wurde gerahmt von einem Kuriositätenkabinett unter dem Motto „Willkommen in der Freakshow“, durch die ein Moderator (Ulrike Drechsel) führte, der als Harald-Glööckler-Verschnitt selbst der eigentliche Freak der Show war. Gleichzeitig gönnt sich Regisseur Johann Pfeiffer allerhand Anspielungen an vergangene AMVi-Stücke. So erinnert man sich allein durch Ulrike Drechsels Präsenz gerne an die herausragende Inszenierung von Don Ranudo de Colibrados. Weiterhin gibt es Anspielungen auf Woyzeck, Wie es euch gefällt oder Das blaue Licht.
Eigentlich geht es jedoch um Kasimir und Karoline. Kasimirs Entlassung wird für das Liebespaar zur Zerreißprobe. Karoline distanziert sich von ihrem Verlobten, nachdem dieser an der Aufrichtigkeit ihrer Liebe zweifelt. Die beiden finden daraufhin keinen Weg zurück zur Normalität. Kasimir rutscht in die Kriminalität ab, Karoline nähert sich einem Unbekannten an, den sie auf dem Oktoberfest kennenlernt. Selbst als klar wird, dass sie miteinander nicht mehr glücklich sein können, gibt es kein Aufatmen. Etwas ist für immer zerbrochen.
Mit großem Feingefühl und starken Szenen hat Johann Pfeiffer diese Tragik auf die Bühne gebracht und dabei auch die komischen Seiten nicht aus den Augen verloren. Ein tragendes Element ist die umfassende Sprachlosigkeit derjenigen, die am Spiel um Liebe und Aufmerksamkeit teilnehmen. So entstehen teils unerträglich lange Pausen zwischen nur einzelnen Sätzen, darin offenbaren sich die tiefen Gräben zwischen den einzelnen Figuren und die Erkenntnis von Ohnmacht in mehrfacher Hinsicht – auch aufseiten des Publikums. Etwas überstrapaziert wird das Stilmittel gegen Ende, als man es tendenziell als „kontrolliertes Einschlafen“ auf der Bühne bezeichnen möchte.
Überzeugend ist vor allem auch die Leistung der beteiligten Schauspieler, die den schwierigen Grat zwischen Heiterkeit und Ernst scheinbar mühelos balancieren. So sind es denn zwar spürbare, aber sehenswerte zwei Stunden geworden, die noch zwei Mal wiederholt werden: Heute abend, 2. Februar, und am 4. Februar, jeweils um 20 Uhr im Haus der AMV Fridericiana, Glücksstraße 3.
Timo Sestu