In der Garage wird zurzeit ein Kinderstück aufgeführt, für das es sich auch als Erwachsener lohnt, ins Theater zu gehen – für eine kleine Pause vom Alltag und eine kurze Reise in die Welt der magischen Wesen, die uns als Kinder so faszinierten. Der „Trollspion„, Hermann Große-Berg, entführt uns für eine knappe Stunde auf eine kleine norwegische Insel, zwischen die Wurzeln alter, großer Bäume, in die schummrige Welt der Trolle: Das ist besser als jede Massage!
Hermann Große-Bergs letztes EinMannStück „NippleJesus“ (Hornby) war ein großer Erfolg. Schon damals entführte er sein Publikum allein durch sein Erzählen in die Welt eines ehemaligen Türstehers, der plötzlich einen starken Beschützerinstinkt für das Bild einer Ausstellung entwickelt. Der Schauspieler bewegte sich dabei nur wenig durch den katakombenartigen Raum unterhalb der Erlanger Stadtbibliothek. Trotzdem blieb man an seinen Lippen hängen, denn die Geschichte war unglaublich und sein Talent, das Erzählen, groß. Wie man gewöhnlich weiß, ist es jedoch leichter, Erwachsene zu unterhalten. Kinder zu faszinieren und in seinen Bann zu ziehen, ist viel schwerer. Zugegeben, Trolle sind schon echt spannend! – für Kinder. Aber es muss auch jemanden geben, der sie gut verkauft. Und Hermann Große-Berg kann das.
Wir sitzen also auf Wurzeln, groß, glitzernd, schwarz. Das Licht ist düster und die versammelten Kinder haben sich dicht um ihre Betreuer gedrängt, das alles ist ihnen absolut nicht geheuer. Mit Einsetzen der Musik „Die Halle des Bergkönigs“ aus Peer Gynth von Edvard Grieg taucht aus den verschiedensten Ecken des Raumes ein Wesen auf, dass durch ein großes Rohr schnüffelt und etwas zu suchen scheint. Dann nimmt es seinen Rucksack ab und holt verschiedene Dinge – wie ein Telefon, eine Antenne, eine Büchse mit Pflaumenkuchen und einen Fotoapparat – daraus hervor. Letztendlich stellt es sich vor, als der „Trollspion. Im Auftrag der Königlichen Majestät.“
Später horchen die Kinder auf die verschiedenen Geräusche des Waldes und sollen sich noch weitere ausdenken, denn der Troll muss ausgerickst werden – hier ist gar niemand. Durch die einfache Verwandlung einer großen grauen Socke entsteht der Troll, der dem Trollspion die einfachsten Dinge erklären muss und ihn schließlich zum Tanzen und Singen zwingt. Ansonsten ist er ganz lieb. Doch zuerst muss seine Sprache gefunden werden: Ist es Englisch? Französisch? Chinesisch? Eine Ursprache durch Schnalzen der Zunge? So ist für die Kinder auch – unterschwellig – noch ein Lerneffekt dabei und für die Erwachsenen jede Menge Witz, den die Kinder nicht verstehen und der für sie auch keine Wichtigkeit hat. Der Troll an sich ist schon spannend genug. Am Ende fragt der Trollspion: „Und? Der war doch eigentlich ganz lieb, oder? Er hat gesagt, sie entführen gar keine kleinen Kinder. Und sie fressen auch keine Katzenbabies. Oder?“ „Neeeiiiin, der ist gaaaaaanz liiiieeeb!“
Stephan Beer hat am Erlanger Theater schon 2009 das Weihnachtsmärchen vom „Lebkuchenmann“ inszeniert. Mit seinem „Trollspion“ (Wolfram Hänel) erobert er sich wieder die Herzen aller Kinder und auch die der Erwachsenen. Hermann Große-Berg ist seit der Spielzeit 2009/10 festes Ensemblemitglied am Theater Erlangen und heuer in den Inszenierungen „Benefiz – Jeder rettet einen Afrikaner“, „Kriech Oder: Orientierungshilfe für den Wertekompass„, „Tartuffe“, „Frau Müller muss weg“ und demnächst auch in der Wiederaufnahme von „Faust: Der Tragödie erster Teil“ zu sehen. „Der Trollspion“ wird als Nächstes am 31.3.,am 1./ 19./20. und am 21.4. aufgeführt.
Paula Linke