Bereits, wenn man die Stadtbibliothek betritt, wird man im Foyer empfangen von einer freundlichen, aber stillen Persönlichkeit: Ihr Gesicht wirft einem die Frage entgegen: „Was ist unbezahlbar?“ Was soll die Frage bedeuten? Wie meint sie das? Um sie herum, auf dem Boden, stehen leere Papiertüten. Obwohl. Halt! Ganz leer sind sie nicht. Sie sind gefüllt mit Wünschen. Denn die Frage nach dem Ding, das unbezahlbar ist, scheint gleichzeitig diese Frage aufzuwerfen: „Was wünschst du dir am allermeisten?“ Johannes Volkmann, Papiertheater-Künstler in Nürnberg und internationaler Beobachter ist in den letzten Jahren (2009-2013) auf Reisen gewesen, ua. in Äqypten, Ecuador, Indien, Irland, Palästina und Israel…, um dort den Menschen genau diese Fragen zu stellen. In einer eindrücklichen Fotoausstellung kann man jetzt auf zwei Etagen der Bibliothek bis zum 18. Dezember die Antworten entdecken.
Was ist unbezahlbar, hier bei uns in Deutschland oder an einem ganz an Ort auf der Welt? Was wünschen sich die Menschen wirklich? Und würden sie es auf einen Papierteller schreiben, sichtbar für alle? In jeder Stadt, in der das Papiertheater Halt machte, stellte das Team um Johannes Volkmann einen langen, gedeckten Tisch auf, ganz in weißes Papier gehüllt, und legte Eddings daneben. In jeder Stadt stellte er die selbe Frage und die Menschen antworteten. Sobald alle Sprachbarrieren überwunden waren, machte jeder mit. Niemand scheute sich davor, seine Wünsche preis zu geben. Und wer nicht schreiben konnte, malte. Oft blieben sie danach noch ein wenig stehen und diskutierten mit dem Team oder untereinander. Das ist wohl das beste Ergebnis, das solch ein Projekt haben kann: das Entstehen von einer Gemeinschaft um den langen Tisch herum. Für Volkmann ist der Tisch ein Symbol für gemeinsames Essen, miteinander Reden – der Tisch als Kommunikationsmedium.
In Zusammenhang mit den Fotografien – dargestellt sind Szenen, die sich in den verschiedenen Ländern und Städten um die lange Tafel herum abspielten – sind einige der beschriebenen Teller abgebildet. Für jedes Land ein Wunsch. Neben den Fotografien ist auf der zweiten Etage der Bibliothek ein weiterer Ausstellungsteil zu entdecken: Und es lohnt sich, den Film über Volkmanns Reise in die Städte Bethlehem (Palästina) und Acco (Israel) anzusehen. Er ist eine sensible Dokumentation über die gegenwärtige Situation des Konfliktes zwischen den palästinensischen und den israelischen Gebieten, jedoch fern von der Politik. Und dabei wird klar, dass sich die Wünsche der Menschen auf beiden Seiten der Grenze sehr ähneln.
Diese Ausstellung besticht mit fremden Bildern, fremden Räumen und Menschen und fordert dazu auf, andere Blickwinkel und Perspektiven einzunehmen. Und das tut sie auf eine ganz kleine und feine Art. Zudem ist die Ausstellung nicht besonders groß, es ist also fast möglich, sie sich in einer Pause zwischen zwei Seminaren im Kollegienhaus anzusehen. Durch den Park zehn Schritte rüber , zum Schlossplatz und schon ist man da. Aufpassen aber: Mittwochs ist die Stadtbibliothek geschlossen!
Paula Linke