Kino-Kritik im September – Erster Teil

Semesterferien! Und schon bald wieder vorbei. Also die letzten Wochen nutzen und montags immer mal zum Studententag ins Manhatten gehen – oder donnerstags in die Lammlichtspiele. Denn hier kostet der Spaß nicht so viel wie in den großen Kinos und es laufen oft die besseren Filme (außer man steht ausschließlich auf Blockbuster). Oft. Nicht immer. Hier ein Überblick über die aktuellen Tops und Flops des Independent-Kinos.


1. „Wer’s glaubt, wird selig“, Marcus H. Rosenmüller, Manhattan:

„Wer’s glaubt, wird selig!“

Der neue Film von Marcus H. Rosenmüller ist ein unterhaltsamer, charmanter Sommerfilm zum Schmunzeln. Ja, es wird bayrisch gesprochen, aber keiner braucht dieses Mal die Untertitel, denn Christian Ulmen spielt die Hauptrolle und der kommt bekanntlich aus Rheinland-Pfalz.

Als seine Schwiegermutter Daisy auf skurrile Art und Weise und völlig unerwartet zu Tode kommt, beschließt Georg, aus ihrem fanatischen Glauben an das Gebet und die Ikonen ein Heiligtum zu machen und so das ehemals florierende Skiörtchen in den Bergen zu retten. Mit ihm stecken die anderen Dorftrottel und die Schwester seiner Frau Emilie unter einer Decke. Statt also einen Sarg zu besorgen, verstaut er die Daisy in der Tiefkühltruhe und fliegt nach Rom. Dort besucht Georg den Papst und versucht ihn von der Schnapsidee der Heiligen Daisy zu überzeugen. Dieser entpuppt sich als der verständnisvollste Papst überhaupt (rührend besetzt mit Nikolaus Paryla) und gewährt eine Untersuchung der von Daisy vollbrachten Wunder. Aber was für Wunder? Außer ihrem krampfhaften Festhalten am Gebet hatte die ehemals süchtige Daisy keineswegs das Wesen einer Heiligen, sondern eher das einer teuflischen Kratzbürste (übrigens fabelhaft gespielt von Hannelore Elsner). Woher kriegt man also die angeblichen Wunder? Dass der päpstliche Gesandte sein eigener Bruder und eigentlich Schauspieler ist bemerkt niemand – auch nicht bei seiner feurigen Predigt über die Liebe – und so nimmt das Chaos seinen Gang.

Dieser Film ist witzig und erfrischend, aber mehr auch nicht. Manchmal reicht das aber auch, um einen angenehmen Abend zu verbringen.

 

„To Rome with Love“

2. „To Rome with Love“, Woody Allen, Manhattan:

Ganz ehrlich, von Woody Allen erwartet man einfach mehr als das. Zugegeben, der Film zeigt wunderschöne Aufnahmen von Rom und die Figuren, die Allen zaubert, sind schräg und neurotisch wie eh und je. Aber sonst…

Man fühlt sich an „Midnight in Paris“ erinnert – der übrigens spannender war: Eine Hommage an eine schöne Stadt und ein Traum, der für eine Nacht wahr wird. Ebenso erfahren die Figuren in Rom einen Tag oder auch eine Woche lang eine völlig neue Seite des Lebens: der eine verliebt sich unsterblich, die andere trifft all ihre Lieblingsschauspieler und vergisst darum ihren frisch gebackenen Ehemann, ein völlig normaler Angestellter wird plötzlich berühmt, ein Leichenbestatter wird Opernsänger. Die einen träumen ihren Lieblings-, die anderen ihren schlimmsten Albtraum und am Ende ist alles beim Alten.

Woody Allen selbst spielt einen pensionierten Opernregisseur, dessen seltsame Vorstellung von Inszenierung seine Frau liebevoll als  „ihrer Zeit voraus“ verteidigt, der in der Stimme des zukünftigen Schwiegervaters seiner Tochter eine letzte Chance entdeckt. Um seiner Langeweile als Rentner zu entkommen, will er aus dem armen Mann, der eigentlich nur unter der Dusche gut singen kann,  einen Opernstar machen. Die Rolle steht Allen sehr gut. Seine Figur des Jerry und Penélope Cruz als charmante Prostituierte Anna sind die liebenswürdigsten des ganzen Films. Ellen Page als Monica bekam ein paar spannende Textstellen, mit der Zeit wird ihre Figur jedoch undankbar nervig.

 

3. „Holy Motors“von Leos Carax, Lammlichtspiele:

„Holy Motors“

Der Trailer ist sehr toll. Die Filmmusik ist fantastisch! Was für eine grandiose Szene, in welcher die Akkordionspieler „Notre Dame“ mit ihrer Musik erfüllen!

Nach dem Film – der von starken Bildern geprägt ist – verlässt man den Kinosaal verwirrt, voller Eindrücke und Fragen. Sowohl der Flyer als auch der Trailer verraten nichts und der Film scheint diesem Muster zu folgen. Aber nur oberflächlich. Ich möchte „Holy Motors“ dennoch empfehlen als einen Ausflug in die surreale Unwirklichkeit (oder Wirklichkeit), in die Gassen und Straßen von Paris und in die Welt der Schauspieler. Denn die Frage ist, wer von uns spielt nicht selbst eine Rolle nach der anderen. Eine Liebeserklärung an das Verkleiden, an das Kino, an das Leben und den Verzehr von Grabblumen (Denis Lavant als Monsieur Oscar).

 Paula Linke

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