Auf der Suche nach Hoffnung – „Das blaue, blaue Meer“

Am 25.01.2012 hat das Gostner Hoftheater in Nürnberg die Premiere von „Das blaue, blaue Meer“ gefeiert. Ein Stück, das im Gedächtnis bleibt.

Es gibt einen Tag im November, da ist der Himmel so klar wie sonst nie, und da kann man die Sterne sehen, auch in der heruntergekommenen grauen Plattenbausiedlung in der Darko lebt, säuft, verzweifelt. Nur einmal diesen Himmel sehen, das ist sein Traum.

Motte währenddessen, möchte ans Meer, nach Norwegen, denn da ist das Meer so blau wie nirgendwo sonst. Blauer als auf jeder Karibik-Postkarte! Und außerdem müssen sie hier weg, denn das Leben hier macht sie kaputt. Aber vorher muss Messe weg, Messe der für Mottes eigene innerliche Kaputtheit und auch die äußerliche, narbige Kaputtheit verantwortlich ist.

Und an diese Bedingung klammert sich Darko, der Säufer, der Einfüßige. Denn was erwartet einen dort draußen? Soll man nicht doch lieber in der sicheren und gewohnten Umgebung bleiben? So schlimm ist das Leben hier auch wieder nicht.

Ein ewiger Teufelskreis von Verzweiflung und Selbstzerstörung, der durch die Episode der 14-jährigen Ulrike verdeutlicht wird. Sie ist die kleine Schwester von Elle, Darkos schielendem, krötengesichtigen besten Freund. Sie ist in Darko verliebt, der allerdings Motte liebt, und auch sie ist kaputt. Kaputt gemacht von ihrem Vater, so, dass es das ganze Haus hört und Darko tut sie leid. Er versteht nicht, warum sie nicht zur Flasche greift und einfach vom Dach von Block C stolpert, wenn sie mal wieder mit oder ohne ihm dort steht. Und das sagt er ihr auch. Und sie nimmt es sich zu Herzen und springt. Nur ein weiteres trauriges Opfer der Siedlung.

Und dann stirbt Messe und nichts ist mehr so, wie es mal war. Motte ist frei. Befreit von den Schrecken, die sie gejagt haben und sie will weg. Doch Darko steckt immernoch mittendrin im Schlamassel und kommt nicht los, kann seinem inneren Chaos nicht entrinnen und der Schuld, die er auf sich geladen hat und die unter dem kleinen Hügel am Rande der Siedlung vergraben liegt.

Sterne gibt es eben doch nur im Märchen.

Von links: Sascha Grüb, Jennifer Sabel, Thomas Witte. Bild: Gostner Hoftheater

Das alles und noch soviel mehr geschieht bei der Aufführung von „Das blaue, blaue Meer“. Die Verzweiflung und Hoffnungslosigkeit wächst spürbar, die Eintönigkeit und Trostlosigkeit der Siedlung wird vom Bühnenbild, einer faszinierenden Kreation, die hauptsächlich aus Klebeband und Neonröhren besteht, noch unterstrichen.

Und inmitten dieser schlichten und doch eindrucksvollen Kulisse stehen die drei Schauspieler und können sich gerade durch diese Einfachheit entfalten, denn die Charaktere sind nicht festgelegt. Darko, Motte, Elle,…; sie alle werden mal von dem einen, mal vom anderen gespielt oder gesprochen. Eine eindrucksvolle Aufführung, denn egal wie schnell sich der Wechsel vollzieht, der Zuschauer weiß immer, wer gerade auf der Bühne steht. Außerdem auch ein pragmatischer Kunstgriff, denn das Stück besteht zu einem großen Teil aus Darkos Gedankengängen und wird so fesselnd aufbereitet. Alles in allem ist das Stück von „Nachwuchsdramatiker des Jahres 2010“, Nis-Momme Stockmann, sehenswert. Und vielleicht gelingt dem Zuschauer, was Darko nicht geschafft hat, nämlich die Sterne am Himmel zu sehen.

Die nächste Aufführung findet heute Abend (28.01.2012) um 20:00 statt. Weitere Termine können unserem Veranstaltungskalender entnommen werden.

Spiel: Jennifer Sabel, Sascha Grüb, Thomas Witte 
Regie: Ulf Goerke
Bühne: Matthias Wulst
Komposition: Felix Leuschner

Johanna Heuering

Nis-Momme Stockmann: „Das blaue, blaue Meer“

Gostner Hoftheater

Premiere: 25.01.2012

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