Was willst du mal werden? Was erwartest du vom Leben? Womit füllst du die Zeit zwischen Ausbildung und Rente? Wie verdienst du dein Geld?
Diese Fragen sind unbarmherzig, werden schon von Anfang an gestellt („Feuerwehrmann, Astronaut!“) und setzen doch eine Auseinandersetzung mit der Zukunft voraus. Zukunft ist für jeden etwas anderes. Wie sich viele jeden Tag im Hamsterrad des Alltags drehen, hat Oliver Kluck in „Warteraum Zukunft“ im Gostner Hoftheater dargestellt. Vier Schauspieler, ein Thema: Geldverdienen. Dazu zählen Kaffee, die schlechten Witze der Kollegen, die Angst vorm Chef und Kündigung, Projektleitung, Outsourcing. Du willst es zu etwas bringen? Dann sei jederzeit verfügbar, Betriebsurlaub nicht im Juli und August, die Firma braucht dich. „Darüber kannst du dich doch auch mal aufregen!“, fragt der eine den andern. Nein, kann er nicht, denn wer geht heute schon noch zum Betriebsrat und außerdem hat er eine Familie zu ernähren.
Jeder trägt einen grauen Anzug oder Kostüm, ob Mann oder Frau, ganz egal, was zählt ist die Arbeitskraft, die bedingungslose Unterwerfung als Mensch. Deswegen wechseln auch ständig die Figuren, Daniel, Heiner, wer war noch mal wer, völlig egal, jeder ist ersetzbar. Letztendlich fällt das Individuum in der kapitalistischen, Geld anhäufenden Gesellschaft hinten runter. Der Job steht an erster Stelle. Bis man merkt, dass das doch nicht alles sein kann. Und wenn dann einer verlorenen Seele doch mal das Protestieren einfällt, wird schon mal großzügig ein Bier ausgegeben. Opium fürs Volk.
Unter der Regie von Stephan Hoffstadt werden auf der Bühne Bilder mit Worten gemalt. Die Schauspieler beschreiben chorisch den Rushhour-Verkehr, Schilder, Hupen, Autos. Dazwischen dudelt das Radio, das sich wie ein roter Faden durch den Tag zieht.
Doch das Phänomen besteht schon seit mehreren Generationen. Schon der Vater, angesehener Professor an der Uni, hatte für die Familie wenig übrig. Einmal an der Macht, wird diese auch benutzt, wenigstens zum eigenen Vorteil. Das wird in Videosequenzen dargestellt. Das Bühnenbild von Christian Vittinghoff beschränkt sich auf weiße Stoffbahnen, als Leinwand trennen sie die Bühne in vorne und hinten. Hinten ist die Kamera. In einer 60-Stunden-Woche wird das Büro zum Wohnzimmer. Die Freundin hat sich bereits zum dritten Mal getrennt.
Bis es dann doch nicht mehr geht. Bis sich das Hamsterrad ein bisschen zu schnell dreht, die Scharniere lockern sich, es wackelt, es quietscht… es eskaliert. „Hoffentlich ist bald Feierabend.“ – „Kicher, Kicher, Kicher.“
Hoffstadt beschreibt mit den Schauspielern Miriam Kohler, Barbara Seifert, Thomas Witte und Achim Schelhas wie das Leben in den größeren Firmen aussieht, mit Diplom, Praktikum, feste Stelle, 24 Tage Urlaub. Zum Verschnaufen bleibt keine Zeit, die Verantwortung ist zu groß. Da wird einem als Geisteswissenschaftler angst und bange und freut sich über sein zukunftsungewisses Studium. Die Lust auf Karrieremachen vergeht einem gehörig in „Warteraum Zukunft“. Ohnmächtig sieht man den Figuren beim Scheitern am Leben zu. Oder nennen sie das Erfolg?
„Bleibt doch mal stehen!“, will man ihnen zurufen. Doch das Rad dreht sich weiter.
Johanna Meyr