Nachts in Palomino Creek (For the good times)

über das Album „Ah, Redemption“ von Wade McDade:

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

1974, in der Nacht, Blueberry, Wyoming, kleines Städtchen, vielleicht 1000 Einwohner; im
Drugstore Ecke Grantstreet fallen Schüsse, Raubüberfall, und Wade McDade, 46, Poet und
Songwriter, sinkt auf die Knie, kippt vornüber, am Boden Blut und Tablettenverpackungen. Soweit
die Prämisse für „Ah, Redemption“, der letzten Platte von Wade McDade, dem großen Unbekannten
des Folk, die dieser Tage erstmals in einer aufwendigen digital remasterten Edition
wiederveröffentlicht wird: Eine Platte, die Requiem und Moritat zugleich ist, aufgenommen in einer
Nacht am Bett des Sterbenden, in einem Hospital des Nachbarstädtchens Palomino Creek,
zusammen mit ein paar eiligst herangekarrten Feierabendmusikern aus einer Pinte einige Straßen
weiter, und einem alten 4-Spur-Rekorder. Was daran Legende ist, was Wahrheit, was gedichtet, was
dokumentiert, ob Wade McDade überhaupt noch im Stande war, eine Gitarre zu halten und einige
Zeilen zu singen, lässt sich nicht mehr feststellen; was da aber ist, das sind die Songs auf dieser
Platte und die Geschichten, die sie erzählen, surreale Geschichten aus einem seltsamen Land namens
Emerica, where our barefooted souls are dancin‘ under redwood trees („Vineland“), oder the
nuclear ghost of Davy Crockett’s gun howls through the hills („The Ballad of M-388“); lakonische
Stücke, die McDade mit brüchiger Baritonstimme vorträgt und die zusammen mit seinem mal
fragilen, mal kräftigen Gitarrenspiel, dem Banjo, der Mandoline und der billigen Casio-Orgel seiner
Mitmusiker, in der remasterten Version reiner klingen wie nie zuvor. Und je länger die Platte dauert,
desto stärker durchweht sie der Hauch des kalten Gastes, der schweigend auf der Bettkante sitzt, und
so singt McDade schließlich „Farewell, My Junebug“, dessen Outro ein monotones Piepen bildet.
Sweep me away, my love, to the sea, to the stars. Man sagt, ein Pfleger hätte sich die Gitarre des
Toten genommen, und wäre mit ihr lautlos in die Nacht entschwunden.

 

Aldo Hansen

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert