Performance party presentation ist angesagt. Die Mehrwertzone, Kommunikationsplattform für Kreative in der Metropolregion stellt dem Publikum im Festsaal des Künstlerhauses vor wie Netztauglich – so der Titel des Events – sie ist. Das mit der Plattform ist durchaus wörtlich zu nehmen, denn die Tanzfläche, auf der die Performances dargeboten werden, ist innovativ: Sie ist beleuchtet, von Frieder Weiss. Spezialist für Lichtdesign im Theater und bewegte Bilder. Zunächst in Weiß, und zwei Menschen in Rot und Schwarz performen darauf. Zwei Frauen,sie stehen sich gegenüber, ringen miteinander, umschlingen sich vom Kopf bis zu den Füßen und umgekehrt (ein schwarz-roter Akteur des 1. FC Nürnberg hätte mindestens die Gelbe Karte dafür kassiert). Vorstellung beendet, Applaus, der Boden färbt sich rot wie das Rote Meer, wird von weißen Strichen durchquert, sind es Pfeile? Sind es Spermien? Alle rechtwinklig, alle in gleicher Gesdchwindigkeit. Der Eventkritiker hat, weil spät angekommen, den Vorteil, neben der Tür zwischen Feuerlöscher und Starkstromkabeln dem Lichtdesigner in die Karten zu schauen. In der Ecke des Festsaals ein Schreibtisch, darauf drei Monitore mit insgesamt vielleicht 20 Spalten, in denen Daten dargestellt sind. Gegenüber in den anderen Ecke thront der Kollege der für die sphärischen Klänge zuständig ist, welche die laid-back Stimmung des Publikums gut unterstützt. Es wird parliert, geschaut, begrüßt, und alle sind cool. Manche Leute filmen die Performance mit Handykamera, andere sind ausgerüstet mit Tablet-PCs, zu welchem Zweck ist nicht ersichtlich.
Johannes Volkmann von der Auratischen Stadt hat aus Erlangen etwas Farbe im Gesicht mitgebracht, so hat der Event-Kritiker auch jemand begrüßen können. Nach einer zweiten Performance, diesmal sind Boden und drei Perfomer in Blau getaucht, wagt sich das Publikum auf die Tanzfläche, und sie dankt es ihm, denn der Fußboden reagiert mit Farben und Flächen auf die Bewegungen der tanzenden Menge. Die karge Deckenbeleuchtung wird sehr spärlich eingesetzt, auf der neuen Kommunikationsplattform kommt das Licht heute von unten. Die Musik dazu hat, weil sie elektronisch ist, eine Frequenz, aber keinen beat und keinen drive. Die Bewegungen der Leute wirken eckig und roboterhaft. Allgemein wirken die Frauen im Publikum besser in Form und was Kleidung und Umgangsformen angeht, kultivierter als die anwesenden Männer, die grob geschätzt in der Minderheit sind. Es sind, was an diesem Samstag logistisch möglich gewesen wäre, keine Club- und keine FC Bayern-Fans unter ihnen, wahrscheinlich auch keiner unter 20, aber alle wirken sie cool, und auf irgendeine Weise kreativ. Rainer Hertwig, der Projektleiter der Mehrwertzone spricht hier und da und ständig mit vielen Besuchern, auf die Frage ob er für das neue Netzwerk viele Fäden habe ziehen müssen, antwortet er nein, es geht nicht darum dass er zieht und woanders sich etwas bewegt, die Teilnehmer sollen Fäden ziehen können.
Dem Event-Kritiker flimmern langsam die Augen vor den elektrisch generierten Mustern die heute der eye-catcher sind, der Vollständigkeit halber probiert er das rhythmische Bewegen darauf aus, zur im inneren Ohr gehörten Brotmaschine, alternierend mit einer Kreissäge und virtuellem Ochsenziemer über Waschmaschine im Schleudergang… ein Blick auf die Uhr: es wird Mitternacht, Wunderkerzen unter den Füßen und die Spur eines Songs wird erkennbar, das beliebte Kinderlied ‚aramsamsam-aramsamsam-agulligulligulligulli-ramsamsam’. Sorry, Mr. DJ, da steigt der Event-Kritiker aus.
Bei der Mehrwertzone könnte man sicher auch bei Tageslicht das Spinnen von Fäden probieren. Das Bild des Abends ist ein Arrangement aus drei Kurven: die senkrecht unter hoher Stirn geschwungene Nase, darunter das zufriedene Lächeln, eingerahmt von der Rundung der Ohrmuschel hinter den Monitoren: Der Lichtdesigner hat eine neue Kommunikationsplattform ins Licht des Tages, der Nacht, dieser Zeit gesetzt. Die Namen der Performer, DJ waren für den Eventkritiker nicht zu ermitteln, man findet sie sicher und bald vieles mehr unter mehrwertzone.net
Thomas Werner