„Komm erst mal zu mir“

Schlagende Wetter, 2010, synchrone Filmstills M+M: KOMM ERST MAL ZU MIR Foto: M+M, München, VG Bild-Kunst, Bonn 2010

Werkschau des Künstlerduos M+M im Kunstpalais Erlangen

Politik, Gewalt und Sex – ist es das, was unsere Gesellschaft bewegt?

Wenn man ehrlich ist kann man dies wohl bejahen, wenngleich auch nicht darauf beschränken.

Eine pure Reduktion auf diese Themen nehmen auch die Münchner Marc Weis und Martin De Mattia alias M+M in ihren Werken gewiss nicht vor. Doch wird dem Ausstellungsbesucher des Erlanger Kunstpalais wohl die „Pie Bible“ besonders im Gedächtnis bleiben- ein fiktives Buch, das ausgewählten Lesern in der amerikanischen Komödie „American Pie“ in Liebesdingen zur Seite steht und welches M+M mit Beteiligung verschiedenster internationaler Künstler zur Realität werden ließen. In der Ausstellung muss man sich jedoch darauf einstellen, beim Stöbern durch das Buch zuweilen von anderen Besuchern des Kunstpalais beobachtet zu werden.

Bei was würde man lieber ertappt werden − bei der Auseinandersetzung mit politischen Themen, wie der 2007 gehaltenen Rede Putins vor der Sicherheitskonferenz in München, die M+M in einer Zeitschrift aufarbeiten, bei der Betrachtung einer Videoskulptur, die das Thema Gewaltvideos auf Handys Jugendlicher zuspitzt, oder bei der Lektüre eines zuweilen pornografischen, von der Fiktion in die Wirklichkeit projizierten Buches − eine spannende, vielleicht auch eine Identitätsfrage!

So ziehen sich auch die Fragen der Identität und der Repräsentation des Einzelnen in der Gesellschaft, ebenso wie filmische und theatrale Motive, gleich einem roten Faden durch die Ausstellungsräume. Bereits im Eingangsbereich des Kunstpalais wird man von einer der Videoinstallationen empfangen, die sich gezielt mit der  Doppelung und dem Tausch von Identitäten beschäftigt. So wird hier in „Dance Köln“ auf vier Bildschirmen mit einem synchronisierten Dialog ein Rollentausch von Lehrer und Schüler gezeigt: einmal Opfer, einmal Täter, einmal Gut, einmal Böse und im Zusammenspiel nicht mehr differenzierbar zwischen richtig und falsch. Man fühlt sich zuweilen an den Filmklassiker „Spiel mir das Lied vom Tod“ erinnert, wenn sich die Kamera langsam immer näher auf den Schauspieler zubewegt. Die Inspiration und die Anlehnung an Szenen aus Filmklassikern zeigen sich noch offensichtlicher in den Videoinstallationen, die gekonnt an die Wände des Untergeschosses des Kunstpalais angepasst sind.  So begegnet dem Besucher in „Montag“, eine zuweilen beklemmende Aufspaltung des Hauptcharakters in die Rollen des Ehemannes und des Vaters in Adaption an „Jack Torrance“ aus Stanley Kubricks „The Shining“. Besonders zu empfehlen ist die Filminstallation „Schlagende Wetter“ die im Rahmen der EMSCHERKUNST 2010 entstand und sich abermals im gesellschaftlichen und familiären Kontext mit der Frage der Identität beschäftigt − sicher ein Höhepunkt der bis zum 20. März 2011 laufenden Ausstellung von M+M.

Evelin Rast

Ein Gedanke zu „„Komm erst mal zu mir“

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert