Zwischen Sonne und Sommerregen – Maike Albath: „Der Geist von Turin“

Eintönig prasselt der Regen gegen die Fensterscheiben, im Schloss im ersten Stock ist es aber gemütlich und angenehm warm. Im beinahe heimeligen Licht zwischen Holzsäulen lausche ich Maike Albath, die ihr Buch „Der Geist von Turin. Pavese, Ginzburg, Einaudi und die Wiedergeburt Italiens nach 1943“ vorstellt.

Die namhafte Literaturkritikerin schildert die kulturellen und politischen Verhältnisse in Italien unter Mussolini, in den 30er und 40er Jahren. Zu dieser Zeit schafften es drei junge Menschen, der Großbürger mit dem nötigen Kleingeld in der Tasche, Giulio Einaudi, der melancholische Dichter Caesare Pavese und Leone Ginzburg, einen Verlag zu gründen, der die Kultur Italiens bedeutend veränderte.

Die italienischen Namen der Orte und Personen rollen der gebräunten, sympathischen Autorin von der Zunge und verbreiten eine Sehnsucht im Raum, nach Sonne, Eis und Mittelmeer. Geboren in Braunschweig lebte sie lange Zeit im Stiefel, studierte in Turin und Padua, weiß also, wovon sie spricht. Von Ursula März durch den Abend geleitet, kann sie auch vom heutigen Italien erzählen, vom Müll in Neapel, der Mafia, der Kultur der Illegalität. Obwohl der Verlag Einaudi heute dem Berlusconi-Imperium angehört, kann er eine beeindruckende Geschichte aufweisen. Entstanden aus dem Geist des Widerstandes mitten im Faschismus, arbeiteten die drei Gründerfiguren hart am Erfolg.

Der elegante Einaudi mit seinem ausgezeichneten Geschäftssinn, der Bücher von hoher literarischer Qualität, jedoch für jeden erschwinglich, auf den Markt bringen wollte.

Der nietzschebegeisterte Pavese, der als Ausgangspunkt für viele Autoren diente und den Blick nach Amerika öffnete, brachte Internationalität nach Italien. Auf dem Höhepunkt seiner Karriere, als der Verlag eine Institution war und er eine Auszeichnung für seine literarischen Werke bekommen hatte, wählte er den Freitod mit Schlafmitteln.

Ginzburg wurde, nachdem er die Partei abgelehnt hatte, verbannt, ein beliebtes Mittel, oppositionelle Intellektuelle zeitweise loszuwerden, wenige Jahre später starb er an den Folgen der Folterungen der Gestapo. Seine Frau Natalia war zeitlebens angesehene Lektorin im Verlag.

So gibt uns Maike Albath Einblicke in das Leben dieser drei interessanten Menschen und den Verlag, den sie gemeinsam aufgebaut haben. Eine warme italienische Brise streicht noch durch das Publikum, dann geht es wieder hinaus in den deutschen Sommer.

Johanna Meyr

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