(4/6) Von den Kathedralen lernen

Von den Kathedralen können wir die Ruhe und Kontemplation wieder lernen. Immer wieder die gleichen Bilder zu betrachten, bedeutet nicht Langeweile, sondern mehr und mehr zu entdecken und zu sehen. Auf den ersten Blick können sie einen überfordern oder verstören; man kann sich ’seine‘ Kathedrale nur nach und nach, Stück für Stück erschließen.

Der Bamberger Dom war im Mittelalter vor allem ein Ensemble von aufeinander bezogenen Einzelorten und den dazu gehörigen Verbindungswegen, auf denen er an hohen Feiertagen von Prozessionen durchwandert wurde. Von der privaten Andacht über das Chorgebet und die Kapitelmessen bis zu den Pontifikalämtern ist er in spiritueller Hinsicht nicht weniger multifunktional als ein Smartphone auch. Die eine wie die andere Technologie wird immer wieder neu den Bedürfnissen der Menschen angepasst bzw. personalisiert.

Bamberger Dom, Apostelgalerie an der nördlichen Chorschranke. Foto: Thomas Werner

Im Zuge der Barockisierung wurden in Bamberg 1610 zugunsten einer hellen Verglasung die Buntglasfenster entfernt. Nach der Säkularisierung wollte der bayerische König Ludwig I. dem Dom durch eine „Purifizierung“ ein Erscheinungsbild verleihen, das man damals für mittelalterlich hielt. Vom Abwaschen der Wände bis zur Steinsichtigkeit über die Entfernung zahlreicher Altäre wurden die von ihm angeordneten Maßnahmen auch „Kahlschlag“ genannt und nach und nach wieder korrigiert. Die letzten spürbaren Veränderungen erfolgten nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil mit der Installation eines Volksaltars vor dem Westchor. Seitdem ist der Dom auch eine Kirche des Volks, deren Innenraum wie ein Festsaal wirkt. Prof. Peter Wünsche, Leiter der Hauptabteilung Außerschulische Bildung/Liturgie des Erzbistums Bamberg plädiert auch heute für eine vielfältigere Nutzung.

Ein Beispiel dafür ist Weiterlesen