In Zeiten, in denen sich Berliner nicht immer positiv über den Süden Deutschlands äußern, liegt die Frage natürlich nahe, was ein Kreuzberger über Bayern denkt. „Natürlich war es so, dass man lange Zeit gedacht hat ‚ach Scheiße, Bayern‘ , aber man wird ja älter und man macht Erfahrungen: Tolle Leute kennengelernt, tolles Essen, tolles Bier, schöne Frauen, tolles Land. Man kann nichts Negatives sagen. Ach und total motivierte Polizisten“, lacht er. „Er“ ist MachOne und hat bei seiner „Aussen Draussen-Tour“ in drei Städten Bayerns vorbeigeschaut: unter anderem im Hirsch in Nürnberg. Mit dabei drei Voracts: Flexis, Akteone und der Boarischa Bou. Weiterlesen
Archiv des Autors: Manuel Weißhaar
K steht für (…)
Wissen Sie wer Serge Karrefax ist? Nein? Dann empfiehlt es sich, hier weiter zu lesen. Alternativ könnten Sie sich das Buch, nämlich „K“ von Tom McCarthy, auch kaufen ohne die folgenden Zeilen zu lesen, Sie würden es nicht bereuen. Aber wenn Sie diesen Artikel nun schon mal angeklickt haben…
Also: Serge Karrefax wird 1898 als Sohn des Erfinders Simon Karrefax auf dem ausladenden Landgut Versoie geboren, was mehr oder weniger nebenbei passiert, denn der Vater, der in erster Linie tauben Kindern Möglichkeiten zu kommunizieren lehrt, ist gerade damit beschäftigt, das Wettrennen um die Erfindung des Telegraphen zu verlieren. Auf seinem Kopf trägt Serge eine Fruchtblase, was ihm laut Volksmund Glück verheißen soll. Das aufgeweckte Kind ist ebenso wissenschaftseuphorisch wie der Vater, und teilt diese Vorliebe auch mit seiner älteren, hochbegabten Schwester Sophie, mit er ein Verhältnis pflegt, welches normale Geschwisterliebe bei weitem zu übersteigen scheint.
Früh erliegt Serge dabei dem Fortschritt verheißenden Zauber der aufkommenden Kommunikationsmöglichkeiten, die ihm auf den Stationen seines Lebens immer wieder begegnen Weiterlesen
„Die Inspiration kommt vom Bier!“
Ein bisschen chaotisch läuft das Interview mit „Wasted“ nach ihrem Auftritt beim Newcomerfestival im E-Werk Erlangen ja schon ab. Kaum zu bremsen sind die fünf und alle plappern wirr durcheinander. Kein Wunder, waren sie doch gerade noch auf der Bühne. Und das heißt bei Danny, Marshall, Chris, Max, „Jesus“ genannt, und Jonas: Alles geben! Das Publikum ist von Anfang an gefesselt von ihrer Bühnenshow. Keiner der Musiker steht hier still, der Auftritt ist nicht nur ein Auftritt, sondern eine Show! Fast ein wenig eingeschüchtert und doch fasziniert wirken die Zuschauer von der geballten Power die ihnen da von der Bühne entgegenprescht. Die Schüchternheit hält jedoch nicht lange an, und bald headbangen nicht nur die Jungs auf der Bühne zur Musik mit. Die sind auch optisch ein Weiterlesen
Rote Sonne, schwarzes Herz
„Ich, Atar Gull, werde niemals weinen.“
Der Sklavenhandel des Kolonialzeitalters gehört zu den finstersten Kapiteln der Menschheitsgeschichte. Über mehrere Jahrhunderte hinweg spannten sich die globalen Handelsnetze der führenden Weltmächte von den Küsten Afrikas bis zu den Sklavenmärkten der Heimat; ein schmutziges, aber ertragreiches Geschäft für die Männer, die Familien und Stämme zerrissen, um der stetigen Nachfrage nach Menschenmaterial nachzukommen und jene, die mittels Sklavenarbeit erfolgreich ihre Plantagen bewirtschafteten. Der französische Schriftsteller und spätere engagierte Sozialist Eugène Sue widmete sich in seinem 1831 erschienenen Abenteuerroman „Atar Gull“ dieser Thematik, der nun von Comicautor Fabien Nury und seinem Zeichner Brüno unter dem Titel „Atar Gull oder das Schicksal eines vorbildlichen Sklaven“ frei adaptiert worden ist.
Atar Gull, seines Zeichens hünenhafter Häuptling der „kleinen Namaquas“, wird zusammen mit weiteren Mitgliedern seines Stammes vom König der mit ihnen im Krieg liegenden „großen Namaquas“ über einen holländischen Zwischenhändler an den alternden Sklavenhändler Benoit verkauft, einen gutmütigen Mann mit Prinzipien, der sich der Verwerflichkeit seiner Tätigkeit bewusst ist und nichts anderes ersehnt, als in die Heimat zu Frau und Kind zurückzukehren – ein Wunsch, der ihm verwehrt bleibt, denn sein Schiff, die Catherine, wird auf dem Rückweg von Piraten aufgebracht, deren Kapitän Weiterlesen
Begegnungen in der Nacht – das Nürnberg.Pop #2
Die Vielseitigkeit, die Locations, die Musik, das Publikum, die Winternacht…
– unbekannter Festival-Besucher vor dem K4
Als wir die Pressekarten abholten, bändelte ich mit der Fotografin an. „Es ist obszön“, sagte sie. „Ich frage mich, wer diesen Schnee in unsere Breitengrade geschickt hat.“ Ich grinste. In den sympathischen Lichtern der Stadt quoll unser Atem wie die Nachwirkungen kleiner Detonationen, die sich während einer Begegnung ereignen. Es war sehr passend, dass ich mit einer Fotografin anbändelte. Die re>flex Redaktion hatte zwei Journalisten losgeschickt, um über das Nbg.Pop zu berichten. Woher sollten wir Bildmaterial bekommen? Ich verlor meinen Kollegen Aldo Hansen, als mir die Fotografin erzählte, dass sie Tiefsee-Fotografin ist und hauptsächlich für Magazine wie Maritim und Triton arbeitet. Ich war kurz verwirrt. Sie hatte nicht mal einen Fotoapparat dabei. Ich kratzte Weiterlesen
Das freie Spiel der Zeichen
Die Türen sind nicht: Eine Truppe sozialliberaler Lehrer kurz vor der Pensionierung, die einen veritablen Jim Morrison-Fetisch pflegt und daher gelegentlich alte The Doors-Songs in Turnhallen rumpelt. Die Türen sind: Spät eingeschulte Pennäler, die in der „Hamburger Schule“ drei Klassenstufen unter Blumfeld nicht die Versetzung geschafft haben und voller Stolz gleich im Prekariat gelandet sind. Die Türen sind auch: Dadaisten, Semiotiker, Proleten, Punks. Die Türen mögen: Foucault und Flaschenpfand, diverse Metaebenen, Neue Deutsche Welle, Berlin. Die Türen mögen nicht: Die hypermobilisierte Multioptionsgesellschaft und Aldi, die schwarz-gelbe Regierung, das System im Allgemeinen, Berlin. Sie sind jetzt also gewarnt, falls sie dachten, die Türen, dass seien Dödel, die es tatsächlich für witzig halten, einen Bandnamen wie Die Türen zu benutzen. Womit sie Weiterlesen
Die endlose Schleife
Die Platte springt. Die Nadel setzt immer wieder von neuem an der selben Stelle an, kratzt über schwarzes Vinyl, und spielt die immer gleiche Melodie, das immer gleiche Riff, den immer gleichen Song. Irgendwann ist der Popmusik zwischen all den zeitgleich abgespulten Revivals der Sounds, Styles und Bilder längst vergangener Zeiten, zwischen Nostalgie, Retrowahn und Sentimentalität, scheinbar die Zukunft abhanden gekommen. Diese These hat der britische Popkritiker und Musikjournalist Simon Reynolds in seinem breit rezipierten und mitunter als „vielleicht wichtigster Beitrag zum popkulturellen Diskurs der Nullerjahre“ (INTRO) bezeichneten Sachbuch Retromania – Warum Pop nicht von seiner Vergangenheit lassen kann, aufgestellt. Weiterlesen
Vorankündigung – Nürnberg.Pop #2
37 Bands, 13 Locations – Das Clubfestival NÜRNBERG.POP setzt zur zweiten Runde an:
Am kommenden Samstag, den 27.Oktober sind bekannte Acts wie Gravenhurst, Bedroomdisco und Austrofred zusammen mit Geheimtipps wie Vierkantretlager oder Ginger Redcliff und vielen weiteren regionalen, nationalen und internationalen Bands in Clubs der gesamten Nürnberger Innenstadt zu bewundern.
Tickets gibt es für 17,- zuzüglich Vorverkaufsgebühren an allen bekannten Vorverkaufsstellen und online.
Weitere Infos unter http://www.nuernberg-pop.de/
Vorankündigung – Simon Reynolds liest aus „Retromania“…
Seien wir doch ehrlich. Popmusik ist am Ende. Röchelt noch ein wenig, aber die dringend benötigte Frischblutinfusion lässt auf sich warten, der Patient dämmert komatös seinem eigenen Exitus entgegen. Simon Reynolds, britischer Musikjournalist, der u.a für die New York Times, Melody Maker und den Rolling Stone schreibt, attestiert der zeitgenössischen Popmusik in seinem Werk „Retromania: Warum Pop nicht von seiner Vergangenheit lassen kann“ zumindest einen derart desolaten Zustand. Ausgiebig untersucht er darin den spätestens seit den frühen 00er-Jahren und der Digitalisierung grassierenden Hang des Pop zur Plünderung der eigenen Archivkisten: Retro, Vintage, Nostalgie, die ewige Abfolge unterschiedlichster Revivals, angefangen bei den endlosen Reinterpretationen musikalischer Weiterlesen
Epos in eisigem Blau
Christian Kracht, enfant terrible der deutschen Literatur, gelang 2012 nicht nur das zweifelhafte Kunststück, mit einem Buch, welches Anfang des 20. Jahrhunderts im Pazifik spielt, eine Nazi-Debatte heraufbeschworen zu haben, sondern auch die ungleich größere Leistung, mit der Geschichte um den Kokovoren Augustus Engelhardt den klassischen Abenteuerroman im Stile Herman Melvilles wieder zurück auf das literarische Tapet gebracht zu haben. Simon Schwarz wagt sich in seinem Zweitling „Packeis“ in Comicform an ein vergleichbares Vorhaben: Die frei bearbeitete, abenteuerliche Lebensgeschichte einer historisch verbürgten Figur als bewegendes, mit leichter Hand erzähltes Drama um Ruhm, Anerkennung und Größenwahn. Und wo das Erstaunen über Krachts kuriose Hauptfigur schon groß genug war, verhält es sich bei Simon Schwartz Weiterlesen