Klassik Radio Live in Concert 2019

Klassik Radio Pops Orchestra (Bild: Sebastian Schroth)

Zum letzten Mal in diesem Jahr lud das Klassik Radio Pops Orchestra vergangenen Mittwochabend in der Meistersingerhalle in Nürnberg alle Filmmusik-Fans ein, liebgewonnene Soundtracks live zu erleben. Gespielt wurden unter anderem Tracks aus Avatar, Jurassic Park, The Da Vinci Code und Ratatouille.

Wie jedes Jahr um die Vorweihnachtszeit tourte auch dieses Jahr das Klassik Radio Pops Orchestra unter der Leitung von Nic Raine wieder durch Deutschland und präsentierte die schönsten Klassiker der großen Welt der Filmmusik. Das Programm der “Nacht der Filmmusik” wurde vorab von den Hörern online in einem Voting zusammengestellt und beinhaltete einige Klassiker aber auch selten gespielte aber nicht weniger bezaubernde Soundtracks. 

Part 1

Den Abend eröffnete John Williams’ Filmmusik zu Jurassic Park. Wuchtige Fanfaren der Trompeten und unbeschreiblich schöne beruhigende Melodien der Celli gehen fast nahtlos ineinander über. Wie sagte doch Hans Zimmer einst über John Williams: Den ersten Teil und das markante Hauptthema eines jeden Soundtracks schreibt er für die Fans. Den Mittelteil schreibt er für sich. Hier lässt er seiner Fantasie freien Lauf. Der dritte Teil ist dann schließlich eine Kombination aus beiden. Während draußen vor den Toren der nicht ganz ausverkauften Meistersingerhalle eher weniger romantische Weihnachtsstimmung herrschte konnte wenigstens die Musik aus Modern Times (Charlie Chaplin) und Love Story (Francis Lai) etwas Romantik verbreiten. Einer der Höhepunkte der ersten Hälfte war sicherlich der nächste Programmpunkt: Chevaliers de Sangreal von Hans Zimmer aus The Da Vinci Code. Chills. Goosebumps. Every f***ing time.

Der Brite Lance Ellington gab den oscarprämierten Song Born Free aus dem gleichnamigen Film und den ebenfalls mit einem Oscar ausgezeichneten Song Can You Feel The Love Tonight aus The Lion King zum Besten. Wobei man hier anmerken muss: Letzteres ist nun einmal eines jener Lieder, bei denen es sehr schwer fällt nicht an die Originalstimme denken zu müssen. Man ist die Stimme von Elton John zu sehr gewohnt bzw. seine Stimme ist einfach zu markant um der Cover-Stimme eine Chance geben zu können.

Das Ende der ersten Konzerthälfte wurde bestimmt durch das Duo James Cameron und James Horner. Beide wirkten sie zusammen als Regisseur und Komponist an den Welterfolgen Titanic und Avatar mit. Der heutige Abend bewies wieder einmal: Jeder kennt My Heart Will Go On von Celin Dion, aber kaum jemand weiß, dass die Musik von James Horner Mindestens genauso schön und zauberhaft ist (siehe Unable to Stay, Unwilling to Leave oder Hymn to the Sea). Einziger Wer­muts­trop­fen: Wie auch sonst bei einigen anderen Stücken war die Animation auf der LED-Leinwand hinter dem Orchester keineswegs gelungen, denn das animierte Wasser sah eher aus wie aufgeschäumtes Bier. An dieser Stelle sei gesagt. James Horner mag leider schon verstorben sein und das Schiff zwar untergegangen sein, der Mythos und die Musik aber werden für immer fortbestehen.

Genauso die Musik zu dem Mega-Blockbuster Avatar. Passend zu der phantastischen Welt rund um Pandora ist die Musik ebenso märchenhaft und zauberhaft. Leider aber war die Harfe bei Jake’s first flight kaum zu hören. Entweder war der Live-Ton schlecht abgemischt oder die Mikrofone schlecht platziert. Deswegen: Bei klassischen konzertanten Aufführungen in Sälen oder Hallen sollte nicht auf elektronische Soundverstärkung gesetzt werden. Denn das sind Musiker, die es auch ohne Unterstützung schaffen den Raum mit ausreichend Klang zu füllen. Trotzalledem durfte bei War das Schlagwerk auch mal richtig reinhauen. 

Part 2

Bild: Klassik Radio

Die zweite Konzerthälfte begann mit echten Filmmusik-Schwergewichten. Das Publikum wurde mit Lord of the Rings von Howard Shore ins Auenland entführt. Aus Gladiator spielten das Klassik Radio Pops Orchestra The Might of Rome und The Battle. Die sonst so beruhigende Musik aus Ziemlich beste Freunde von Ludovico Einaudi wurde leider viel zu hastig und schnell interpretiert. Schade, denn das Hintergrundbild auf der LED-Leinwand hätte prima zu den wundervollen Tracks Cache-Cache und Una Mattina gepasst. Stilisierte Gleitschirme fliegen bei einem malerischen Sonnenuntergang durch die Lüfte.

Vor dem veträumten On Days Like These von Matt Monro aus The Italian Job beschenkte Moderator Thomas Ohrner nach einem befangenen Publikumsgespräch ein junges Pärchen mit zwei Freikarten: “Verheiratet?” – “Seit 7 Monaten.” – “Frau noch da?” – “Ja.” – “Glück gehabt. Nächstes Jahr um die Zeit hoffentlich auch noch! Denn hier sind zwei Freikarten für die nächste Tour.” Weil Lance Ellington vor My Way aus Mad Dog Time ein Barhocker zum Ausruhen auf die Bühne gebracht wurde scherzte er noch etwas mit Nic Raine herum: “Old man needs a rest. My shoes are killing me.” – “Tell me about it. Look what i do for fashion.” Während der dann darauffolgenden Gesangseinlage wurde das Gesicht des Sängers auf die Leinwand projiziert. Durch einen Retro-Effekt erinnerten diese Live-Mitschnitte zweifelsohne an das Feeling uralter schwarz-weiß Filmklassiker.

Aus der HBO-Serie Game of Thrones wurde Mhysa, das Leitmotiv von Daenerys Targaryen, gespielt. Der Chor bei diesem Stück hat hier schmerzlich gefehlt. Dramatisch ging es trotzdem mit Love Theme aus The Godfather weiter. Zwischendurch nutzte Nic Raine die Gelegenheit und machte nun schon im dritten Jahr nacheinander Witze über den Brexit. Frei nach Freddie Frinton: “The same procedure as every year.”

Nach dem Main Theme aus Ratatouille und The Throne Room aus Star Wars Episode IV wurde New York, New York als Zugabe gespielt und dabei vom Publikum peinlich mitgeklatscht. Klar, das gehört dazu. Keine Frage.

Es war insgesamt kein perfekter aber schöner und erholsamer Konzertabend. Musikalisch war es natürlich kein Vergleich zu den Berlinern Philharmonikern und technisch wurden tolle Ideen auch nicht immer einwandfrei bzw. ausreichend umgesetzt. Das Publikum fühlte sich aber unterhalten – man konnte sich zurücklehnen und genießen. Und das ist die Hauptsache. Gestört haben zuweilen die schlechten Animationen auf der LED-Leinwand bei der man sich designtechnisch von der Hans Zimmer Tribute Show inspirieren ließ. Ja, die Welt auf Pandora ist sehr phantasievoll und magisch aber die animierten Quallen waren sehr unpassend. Und auch Drogon aus Game of Thrones und eine kleine Ratte bei Ratatouille war lächerlich animiert. Klar kann man hier nicht so viel Geld und Arbeit investieren wie bei hochwertigen Hollywood-Produktionen. Jedoch gab es doch auch Anzeichen für vielversprechende Umsetzungen: ein als endloser Loop animierter Flug über die New Yorker Wolkenkratzer, eine einfache verschneite Straßenszenerie mit aufsteigendem Rauch aus Gullideckeln und eine typische Pariser Straße mit Blick auf die markanten Häuserzeilen und dem durch eine Lücke sichtbaren Eiffelturm. Ein einfacher Ken Burns Effekt als Beispiel bzw. Anfang wäre also komplett ausreichend.

Der Auftakt der nächsten Klassik Radio Live in Concert Tour 2020 wird am 07.11.2020 in München sein.

Von Sebastian Schroth

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