Wer mich kennt, der weiß, dass es eine große Liebe in meinem Leben gibt: Hip Hop. Vergangenen Samstag wurde diese, mit hunderten anderen, am Airport im schönen Nürnberg zelebriert. Und wo sonst bei vielen Verehren Neid und Eifersucht einen großen Platz einnehmen, steht hier die gegenseitige Wertschätzung im Vordergrund. Generell behandelt das Festival die Hip Hop Kultur mit großem Respekt und versucht sie in all ihren Facetten wahrzunehmen. Wie sich dass genau gestaltet, erfahrt ihr im Folgenden.
Um zu verstehen, was ich eingangs schon angerissen habe, benötigt man etwas Hintergrundwissen. Denn der Begriff Hip Hop wird im Allgemeinen oftmals falsch verwendet. So bezeichnet dieser nicht eine Musikrichtung, das wäre der Rap, sondern eine ganze Kulturbewegung. Diese setzt sich im Ursprung aus vier wichtige Säulen zusammen: DJ-Ing, Rap, Breakdance und Writing. Interessant ist auch, dass der Rap anfangs nicht im Vordergrund stand, sondern lediglich als Ergänzung für den Dj, auf den eigentlich der Fokus lag, gedacht war. Heutzutage hat sich dieses Bild natürlich gewendet und Rapper füllen gewaltige Hallen, während die Djs nun die Supportrolle inne haben.
Nicht so in Nürnberg. Der Hip Hop Garden legt seit jeher Wert darauf die Menschen hinter den Turntables in den Vordergrund zu stellen, beziehungsweise den MCs keine höhere Stellung einzuräumen. Dies funktioniert auch größtenteils wunderbar. Hier können die Djs noch ihrem Talent freien Raum lassen und mit waghalsigen Mixen und Scratches das Publikum auf ihre Seite ziehen. Liebhaber dieser Kunst kommen somit auf volle Kosten, gibt es obendrein noch riesige Leinwände, auf welchem das aktuelle Geschehen – Künstler und Crowd – live gezeigt werden. Somit kann man dem Disc Jockey über die Finger schauen und kommt seiner Arbeit so nahe, wie es selten möglich ist.
Doch auch die Master of Ceremonies kommen nicht zu kurz. Ursprünglich waren sie, wie schon erklärt, als Unterstützung der DJs gedacht. Auch diese Rolle übernehmen sie heute noch auf dem Hip Hop Garden Festival. So sieht man sie oft hinter oder neben dem Pult stehen, um ihren Kollegen an den Platten wichtigen Support zu geben und die Massen einzuheizen. Immer wieder treibt es sie aber auch noch vorne um einige ihrer Tracks zum besten zu geben. Bei Deutschraplegenden wie Afrob oder Denyo von den Beginnern wäre es aber auch eine Schande diese Chance zu vertun, haben sie doch einige Hits im Gepäck. Und obendrauf wissen sie auch wie man live abliefert, wenn man nur ein Mic und keine riesige Bühnenshow im petto hat. Das weiß auch Marten, besser bekannt als Marteria und Marsimoto. Als ersterer füllt er längst riesige Halle, zuletzt mit musikalischem Freund Casper, als letzterer tourt er diesen Sommer im Marsimoto Soundsystem durch deutsche Gefilde. Bei seinem Auftritt gab es einen kleinen Bruch zum obig Beschriebenen. Hier liegt ganz klar der Rapper im Vordergrund. Aber wer will das schon jemandem verübeln. Marsimoto war für viele das Highlight des Abends und als dann noch die Maske fiel und Marteria noch ein paar seine Songs performte gab es am Airport wirklich kein Halten mehr. Schön zu sehen ist, dass neben solchen Größen, auch immer wieder regionalen Künstlern ein großer Stellwert eingeräumt wird. Einer dieser ist beispielweise Dj Polique, welcher aber definitiv schon lange kein kleiner Fisch mehr ist und auch internationale Durchbrüche verzeichnen konnte. Mit ihm auf der Bühne stand der Rapper A-Park, sein Sohn, welcher ebenso das Publikum von seinem Talent überzeugte und mit seiner Bühnenpräsenz und Energie locker in der Liga der großen mitspielt.
Ein familiäres Verhältnis, spielt sich nicht nur auf der Bühne, sondern auch vor dieser ab. Immer wieder streifen Acts über das Gelände und nehmen sich Zeit für die Besucher. Und die gehen ebenso familiär miteinander um. Hier steht, wie schon im beginnenden Satz des Artikels erwähnt, die Liebe zum Hip Hop im Vordergrund. Scheißegal wie alt man nun ist, wie man aussieht oder zu welchem Geschlecht man sich angehörig fühlt. Das Publikum feiert ausgelassen miteinander und zeigt sich gegenseitigen Respekt. So wurde ich persönlich immer wieder in nette Gespräche verwickelt, oder mit mir wurde Essen geteilt.
Geteilt wird hier aber wie bereits angesprochen sonst nichts. Auch die aufgelegte Musik bietet eine bunte Vielfalt. Über die Ursprünge des Raps und DJ-ing, hin zur Golden Era mit Legenden wie Dr. Dre oder Snoop Dogg, hin zum modernen Sound. Ebenso gibt es neben amerikanischen Soundbild auch immer wieder Musik aus der UK oder Deutschland auf die Ohren. Somit feiert hier Oldschool und Newschool zusammen. Wer einmal einen Überblick über die musikalische Seite der Hip Hop Kultur bekommen möchte ist hier definitiv gut aufgehboben und bekommt eine umfassenden Einblick über die wichtigsten Stile und Must-Know-Tracks.
Zu so viel guter Musik muss natürlich auch getanzt werden. Dies passiert zum Einen auf der Bühne, kommt hier doch die dritte Säule des Hip Hops in Spiel: Breakdance. Immer wieder sieht man professionelle Tänzer in atemberaubenden Perfomances ihr Talent auf der Bühne zum besten geben. Aber auch in der Crowd findet man viele Qualitäten wieder. So beweisen einige Besucher/innen ihr Können und werden so einige Köpfe verdreht und schwindelig getanzt haben. Es ging also heiß her, was nicht nur der Rekordjunihitze in Deutschland geschuldet gewesen ist.
Nico Hilscher