Andorra von Fatoni – Ein Album für Feinschmecker

Bild: Check Your Head

Auf Fatonis neues Album „Andorra“ liegen kritische Blicke. Der Rapper konnte sich längst zum Kritikerliebling mausern und eine beachtliche Fangemeinschaft um sich scharren. Und diese wartet gespannt auf den neuen Longplayer. Doch was verspricht er? 

Mit Fatonis neuem Album „Andorra“ ist es ein bisschen so wie mit dem Essen in einem Luxusrestaurant: Man weiß, dass man gerade in den Genuss von etwas sehr Speziellen kommt, hinter welcher Zubereitung viel Arbeit steckt, die breite Masse wird dies aber trotzdem nicht sättigen, beziehungsweise zufrieden stellen. Dabei waren die Appetizer überragend. „Die Anderen“ und „Clint Eastwood“ könnt ihr gerne jetzt schon auf die Toplisten der besten Deutschrapsongs des Jahres packen. Und das aus vielen Gründen. Beide bestechen mit herausragenden Beats. „Die Anderen“ pusht den Hörer sofort von 0 auf 100 und „Clint Eastwood“ schafft dazu einen guten Kontrast, mit einem eher entspannteren, aber trotzdem treibendem Beat. „Clint Eastwood“ hat außerdem eines der unterhaltsamsten Deutschrapvideos mit seiner Neuinterpreation von King of Qeens im Deutschrapkosmos. Auf den beiden besonderen Beats legt Fatoni dann auch noch prägnante Flows hin, welche im Ohr bleiben und überzeugt mit kreativen Texten, die einen oftmals zum schmunzeln bringen. So könnte man beide Songs fast komplett durchzitieren, so gespickt sind sie mit nennungswürdigem. „Jetzt schaffen die einfach den Echo ab, ich wär doch so gerne nicht hingegangen“, „Mein größtes Luxusproblem ist: Ich hab nur Luxusprobleme“, „Ey, meine Rebllion besteht darin, dass ich in die falsche Richtung gehe wenn ich bei Ikea bin“ sind nur einige Lines, die hängenbleiben. „Clint Eastwood“ schießt in seinen Zeilen wie „Wann habe ich ihn denn verloren, den Anschluss zu der Szenejugend? Ich brauchte für diesen Text hier länger als zehn Minuten“ immer wieder gegen die aktuelle Rapszene. Hierbei wirkt Fatoni aber zu keinem Zeitpunkt wie der verbitterte Truekeeper, der beklagt, dass früher alles besser war, sondern zeigt aktuelle Umstände mit erfrischendem ehrlichen Humor auf. Dabei zeigt er auch immer wieder auf, dass auch er eventuell einfach keinen Draht mehr zur aktuellen Mainstreamszene hat. Somit wird also immer wieder klar, trotz treffender Lines, dass es sich um eine subjektive Einstellung handelt, welche keine objektive Haltung à la das ist so, beansprucht.

Verbittert wirkt Fatoni leider an einer anderen Stelle. Wenn der Rapper auf „Alles cool“ beschreibt wie er Handy und Apps wie Google Maps nicht mehr im Leben zurechtfindet und am Ende sowieso nur vor einer Serie landet, dann fühle ich mich als junger Hörer sehr angeprangert und auf Stereotypen reduziert. An der Stelle muss man aber betonen, dass dies nicht zwingend die Intention des Interpreten sein muss. Wahrnehmung ist äußerst subjektiv und so kann es auch gut sein, dass Fatoni einfach nur eine witzige Geschichte mit gehöriger Portion Selbstironie erzählen möchte. Denn diese beiden Facetten deckt er auf „Andorra“ grandios ab. Er zeigt immer wieder auf, was für ein famoser Geschichtenerzähler er ist („Mitch“, „Nein Nein Nein Nein Nein Nein“), und dass es ihm auch nicht schwer fällt sich eigene Schwächen einzugestehen und sich darüber auch immer wieder lustig zu machen („D.I.E.T.E.R.“, „Ich glaube mit mir stimmt was nicht“). Genau in solchen Momenten glänzt das Album und sticht so mit absoluten Highlights hervor. 

Dann gibt es aber auch noch die Momente in welchem der Künstler für meine Ohren zu viel wollte. Hier sticht für mich vor allem im negativen Sinne „Digitales Leben“ und „Krieg ich alles nicht hin“ vor. Beide waren für mich zu experimentiell und haben sich für mich nicht stimmig in das restliche Album eingepasst. Das soll nicht heißen, dass es sich hierbei um schlechte Tracks handelt, sondern eher, dass sie meinen zuvor bereits angesprochenen Erwartungen nicht standhalten konnten und somit zu einer Enttäuschung führten. Der Kontrast zu einem Fatoni der einem nur so die Punchlines um die Ohren feuert, zu einem Fatoni welcher mit Begleitung einer Gitarre ins Mikrofon gröhlt ist aber auch radikal. Dass diese Freude zum experimentieren aber auch aufgehen kann, zeigt sich für mich vor allem in den Samples, herausstechend, vor allem auf „D.I.E.T.E.R.“ und „Nein Nein Nein Nein Nein Nein Nein“. Um die Überraschung nicht zu verderben verrate ich aber nicht, was genau denn nun hier gesampled wird.

So bleibt mir folgendes Fazit: „Andorra“ von Fatoni ist ein Erlebnis, an welchem man auf jeden Fall teilhaben sollte, für die aktuell breite Masse an Deutschraphörern dann aber auf Dauer doch zu experimentell wirken könnte. Vor allem Fans von selbst ironischen Lyrics werden beim Hören dieses Albums so einiges zum Lachen haben.

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