
Philipp Stroh: Sieger.
Wieso ist Scheiße manchmal Kunst? Wann erinnern Mooncups an Regenschirme? Wie vollzieht der Homo Sapiens sein Balzritual vor einem McDonalds und was denken die Maschinen der Zukunft über Liebe? Für all diese Fragen und viele mehr fanden die Künstler, die am Abend des 13.05. am Poetry Slam Fürth Saisonfinale 2018 teilnahmen, witzige, schöne und auch ernste Antworten.
Ein zunächst unscheinbarer Gang führte in das Herz der alten Kofferfabrik, die sich selbst als (Sub-)Kulturmanufaktur bezeichnet und auf ihrer Kleinkunstbühne Künstlern aller Art ein Zuhause bietet. Zwischen den roten alten Backsteinmauern, vor denen wildes Grün wuchert, behangen mit Lichterketten, saßen Menschen auf Bierbänken und genossen den Abend bei einem kühlen Bier. Rechts an der Bar vorbei geht es zwischen gigantischen Sofalandschaften in den Nebenraum, wo bereits die aufgeregten Künstler neben einer kleinen Bühne warteten.
Mit Schwung und einem grasgrünen Anzug, befleckt mit Kleeblättern, sprang Michael Jakob hinauf und begrüßte das Publikum, welches ihn mit begeistertem Jubel und Applaus empfing. Nachdem er das Programm kurz vorgestellt hatte, trug er als Start in den Abend einen eigenen Text sehr emotional vor. Dieser bezog sich auf das kommende Polizeigesetz in Bayern und kritisierte das untätige Ertragen deutscher Bürger. Als einer von mehreren politisch motivierten Texten des Abends gelang hier eine schöne Einleitung in das, was noch folgen sollte.

Moderator Michael Jakob im Kleeblatt-Kostüm. Perfekt für den Poetry-Slam in der Kleeblattstadt Fürth!
Durch die Verspätung des ersten Poeten aufgrund der schwierigen Parkplatzsituation rund um die Kofferfabrik wurde der Act, der nach der Pause geplant war, vorgezogen. Schriftführerin des Kulturschock e.V. und Hauptorganisatorin des Fürther Poetry Slam Lara Ermer führte das Publikum mit ihrem launigen Text, welcher bereits für Furore im Internet gesorgt hat, über Menstruation in den Abend ein. Dann war es endlich soweit und der erste Kandidat sprintete ein wenig aus der Puste direkt vom Parkplatz auf die Bühne.
Viele Verse folgten, welche den Gedankenspielen der neun Finalisten Gestalt verleihen. Das mehr als hundertköpfige Publikum hat es sich auf Tischen und Stühlen bequem gemacht und lauschte gespannt. Nach jeder Runde gaben fünf auserwählte Personen aus der Menge ihre Punkte ab, welche darüber entschieden, wer in das Endfinale kam.
Später einsetzender Regen, der draußen auf den Asphalt prasselte, verstärkte die perfekte Stimmung noch, bei der die Teilnehmer sich ein Kopf-an-Kopf-Rennen um die drei Finalplätze lieferten. In der Endrunde trafen schlussendlich dann Veronika Rieger, Flemming Witt und Philipp Stroh aufeinander.
Veronika berührte die Herzen mit ihren Texten, die sie „eigentlich nie schreiben wollte“, weil sie sich um verletzende Themen drehen, und sorgte dabei für Gänsehaut. Flemming holte das Publikum mit einem kitschig-witzigen Ausflug in die Teilmenge von Liebe und Naturwissenschaften ab. Doch Philipp überzeugte die Zuhörer letztendlich mit seiner lustigen, interaktiven Geschichte über eine Figur, über deren Schicksal die Menge durch die Wahl eines jeweiligen Genres abstimmen durfte (Übrigens Porno gewinnt gegen Action immer!).
Auch wenn die Bewertungen der fünf aus dem Publikum ausgewählten Jurymitglieder vielleicht nicht immer verständlich waren, konnten sich am Ende doch alle auf den durch Applaus gekürten Sieger einigen. Die Entscheidung wäre so oder so schwer gefallen, da jeder der Slamer durch seine individuellen Texte und deren Performance Emotionen unterschiedlichster Art hervorrief und so mit Charme und Herz, aber manchmal auch mit Wut für einen vielfältigen Abend sorgen konnte.
Alicia Kohl und Nicole Geier