Nach seinem fulminanten Auftritt in Civil War bekommt Black Panther einen eigenen Film. Und das gerade rechtzeitig: In seinem geheimnisvollen Heimatland braut sich ein Krieg zusammen, den nur der Panther schlichten kann. Regisseur Ryan Coogler hat sichtlich Spaß mit den Ideen der Comicvorlage – auch wenn er sich nicht immer entscheiden kann, welche Geschichte er gerade erzählen will.
Ein riesiger Meteorit stürzt in die afrikanische Steppe und bringt ein mächtiges neues Metall auf die Erde. Ein paar Millionen Jahre später hat sich Wakanda, das Land um den Einschlagsort, im Geheimen zur technologischen Supermacht entwickelt. Doch während die Technik fortschreitet, bleibt man in anderen Bereichen sehr traditionell. So muss Prinz T’Challa (Chadwick Boseman) nach dem Tod seines Vaters bei einem Terroranschlag auf die Vereinten Nationen erst jeden Herausforderer im Zweikampf besiegen, bevor er der neue König von Wakanda werden kann. Und der Posten ist heiß begehrt – immerhin bringt er nicht nur Macht, unermesslichen Reichtum und den sagenhaften Titel des Black Panther mit sich, sondern praktischerweise auch noch übermenschliche Superkräfte. Kein Wunder, dass T’Challas verstoßener Cousin Erik Killmonger (Michael B. Jordan) alles tun würde, um auf dem Thron zu landen.
Spionage-Spaß und Thron-Drama
In der ersten Hälfte wirkt Black Panther wie die Marvel-Antwort auf James Bond. Kaum zum König gekrönt verlässt T’Challa seine Heimat wieder und mischt sich in einem düsteren koreanischen Casino unters Volk, um den internationalen Waffenhändler Ulysses Klaue (Andy Serkis) aufzuspüren. Der hat es auf Vibranium abgesehen, das geheimnisvolle Weltraum-Metall, das dem Black Panther seine Macht verleiht. Ausgestattet mit den neuesten technischen Spielereien seiner genialen Schwester Shuri (Letitia Wright) stürzt sich der frischgebackene König von einer Verfolgungsjagd in die nächste, um das Metall zu beschützen. Doch Klaue, den Serkis mit manischer Energie und Laserwaffe in der Armprothese als perfekten Bond-Schurken spielt, scheint ihm immer einen Schritt voraus zu sein.
Bis hierhin funktioniert Black Panther hervorragend als leichter Agenten-Thriller vor exotischen Kulissen. Doch dann nimmt die Geschichte eine scharfe Wendung Richtung Familien-Drama. Klaue wird unspektakulär – und recht endgültig – aus dem Verkehr gezogen und der in den USA gestrandete Prinz Killmonger zum sehr viel düsteren, sehr viel persönlicheren Gegenspieler. Das bedeutet nicht nur einen kompletten Genre-Wechsel – sobald beide Seiten damit bewaffnet sind funktioniert auch Vibranium als Wundermetall, das alles kann, was das Drehbuch gerade braucht, nicht mehr wirklich. Aus den überdrehten, aber doch halbwegs realistischen Straßenkämpfen der ersten Hälfte werden Effekt-Gemetzel voller Kraftfelder, Energie-Explosionen und CGI-Nashörnern, deren künstlerische Qualität irgendwo zwischen Online-Rollenspielen und den Endlosschlachten der Hobbit-Trilogie liegt.
Moral, Politik und Superkräfte
Dabei hat auch die politische Familiengeschichte erzählerisch einiges zu bieten. Die Wakandaner müssen sich mit der Frage herumschlagen, wie moralisch es ist, ihre paradisische Heimat geheim zu halten, während ihre afrikanischen Nachbarn im Bürgerkrieg versinken. Schulden sie es der Menschheit die überlegene Technik und Medizin öffentlich zu machen, oder würde das Vibranium in den falschen Händen nur noch mehr Chaos stiften? Recht komplexe Moralfragen für eine Gesellschaft, die ihre politische Hierarchie per Faustkampf klärt.
Bei so großen politischen Fragen bleibt für den Marvel-typischen Humor nicht viel Platz. Insbesondere nachdem Klaue aus dem Weg geräumt ist, lässt Regisseur Ryan Coogler die politischen Ideologien recht humorlos aufeinanderprallen und schafft es dabei sowohl T’Challas Unsicherheit als auch die radikalen Ansichten des desillusionierten Exil-Prinzen Killmonger ernst zu nehmen. Eine willkommene Abwechslung nach dem Gag-Dauerbeschuss in Guardians of the Galaxie und Thor: Ragnarok.
Simon Lukas
Black Panther läuft aktuell im Cinecitta‘ in Nürnberg.