Superkräfte, Krebsmenschen und eine große Verschwörung – in The Fractured But Whole, dem zweiten South Park-Videospiel ist wieder einiges los im beschaulichen Bergstädtchen. Zum Glück finden die South Park-Macher zwischen unzähligen Insiderwitzen und Anspielungen auch noch Zeit eine kurzweilige Geschichte zu erzählen.
Nachdem ihnen das Herr der Ringe nachspielen zu langweilig geworden ist, schlüpfen die South Park-Kinder um Stan, Kyle und Eric in selbst gebastelte Superheldenkostüme und gehen mit frisch ausgedachten Kräften auf Verbrecherjagd. Ihr erster Auftrag – die Suche nach einer entlaufenen Katze – beginnt recht unspektakulär. Doch schon bald stolpern sie mitten in eine groß angelegte Verschwörung, in die nicht nur ihr Mitschüler und Teilzeit-Superschurke Butters verwickelt ist, sondern auch ein mysteriöser alter Widersacher. Nebenbei müssen die kleinen Helden auch noch mit Problemen in den eigenen Reihen fertig werden. Immer wieder kommt es zu Streitigkeiten im Superteam, das schnell in zwei konkurrierende Fraktionen zerbricht. Kann das geheimnisvolle neue Kind helfen, den Graben zu überbrücken, oder wird es die Stadt endgültig ins Chaos stürzen?
Alte Gegner, neue Kämpfe
Obwohl The Fractured But Whole ziemlich unmittelbar an Teil 1 anschließt – und wir wieder den gleichen namenlosen Charakter spielen – ist es nicht unbedingt nötig, das Fantasy-Game gespielt zu haben, bevor man sich in die Superhelden-Schlacht stürzt. Dafür sollte man sich in der Serie auskennen, sonst kann man schnell den Überblick verlieren, wenn man plötzlich einem sprechenden Handtuch gegenübersteht oder niedliche Waldtierchen die Welt in Schutt und Asche legen wollen. Wie schon in The Stick Of Truth greifen die South Park-Schöpfer tief in die Geschichte der Serie und kombinieren Charaktere und Handlungsfäden aus zwei Jahrzehnten immer wieder geschickt mit neuen Elementen.
Eine willkommene Neuerung ist das überarbeitete Kampfsystem. Statt von vorgegebenen Positionen aus auf einander los zugehen, finden sich die Figuren hier in einem schachbrettartigen Muster wieder, in dem sie sich von Zug zu Zug neu positionieren können. So kann man Schurken von zwei Seiten in die Mangel nehmen oder Angriffen – wie den gefürchteten Pisse-Bomben der Sechstklässler – ausweichen. Je nach Gelände und Gegnern kann die strategische Auswahl von Verbündeten mit jeweils individuellen Fähigkeiten über Sieg oder Niederlage entscheiden. Die Superkräfte des eigenen Helden reichen von einfachen Faustschlägen bis zu explosiven Furz-Attacken und können – ganz wie in einem echten Spiel unter Kindern – beliebig oft geändert werden.
Anarchie und Atmosphäre
Andere Spielelemente wirken weniger durchdacht. So stolpert man gleich zu Anfang in mehrere Nebenquests, für die man quer durch die Stadt laufen und verschiedene Sammelobjekte aufstöbern muss. Eine ziemlich undankbare Aufgabe, die trotz der relativ überschaubaren Spielzeit von etwa 20 Stunden langweilig werden kann. Zum Glück kann man die Quests getrost links liegen lassen und sich der Hauptstory widmen, die schnell Fahrt aufnimmt und besonders gegen Ende immer wieder erzählerische Haken schlägt, die an die kreative Anarchie der frühen South Park-Staffeln erinnern.
Dabei spielen die Autoren Matt Stone und Trey Parker gekonnt mit der Linie zwischen Kinderfantasie und echter Bedrohung. Unsere kleinen Helden kämpfen mit der gleichen heroischen Verbissenheit gegen Lava aus roten Lego-Steinen wie gegen bewaffnete Verbrecher und müssen ihre epischen Kämpfe nur unterbrechen wenn ein Auto vorbeifährt und sie von der Straße verscheucht. Das diese kleinen Ungereimtheiten nie fehl am Platz wirken liegt zu großen Teilen an der fesselnden Geschichte um lügende Eltern, geheimnisvolle DNA-Proben und eine düstere Vergangenheit. Hier wird es zwischendurch so atmosphärisch, dass es regelrecht enttäuschend ist, wenn alles in einer schnellen Pointe aufgelöst wird. Keine schlechte Leistung für ein Spiel voller sprechender Handtücher und Superfürze.
Simon Lukas