Culcha Candela – Interview zum 15. jährigen Jubiläum

Culcha Candela im Interview mit dem Reflexmagazin. Bild: Jessy

Culcha Candela im Interview mit dem Reflexmagazin.
Bild: Jessica Burgess

Culcha Candela sind ein Urgestein. Seit 15 Jahren sind sie jetzt schon dabei, und ihre Hits wie „Hamma!“ oder „Monsta“ sind wahre Dauerbrenner in den Clubs. Kein Wunder, sind doch die meisten unserer Generation mit ihnen aufgewachsen. Zu diesem feierlichen Anlass trafen wir uns vor ihrem Erföffnungskonzert ihrer Tour in Erlangen und sprachen über den spannenden Entstehungsprozess ihres Albums, ihre ersten Auftritte in Erlangen und ihrem nicht ganz so ernst gemeinten Traumfeature.

re>flex: Ihr habt dieses Jahr zwei Erfolge zu feiern – Gratulation von meiner Seite aus – 15 Jahre Bandbestehen und 10 Jahre eure Hitsingle „Hamma!“. Mit dem Bandbestehen  möchte ich  anfangen. 15 Jahre ist ja eine sehr lange Zeit, da habt ihr sicher auch so Einiges erlebt. Könnt ihr mal aus dem Nähkästchen plaudern und irgendeine Geschichte erzählen, die ihr vielleicht noch nicht überall erzählt habt? Irgendetwas besonderes das ihr erlebt habt.

Don Cali: Also wir haben vieles erlebt. Wir waren zum Beispiel in Lateinamerika unterwegs. Wir haben natürlich Höhen und Tiefen erlebt. Wir haben viel gespielt. Wir sind geschrumpft. Man kann sagen: In 15 Jahren viel Erfolg erlebt. Viele wunderschöne Sachen erlebt.

Johnny: Viele Touren. Vor allen Dingen vieles live. International, wie er schon gesagt hat.

Don Cali: Viele Alben schon. Ist unser 7. Studioalbum?

Johnny: Ist unser 7. Studioalbum, plus ein Best Off und ein Livealbum.

Don Cali: Goldplatten. Platinplatten. Partys (lacht).

Johnny: Auf jeden Fall sind wir eine ganze Ecke rumgekommen und haben so Alles miterlebt was man so in der Karriere machen kann. Wir haben viele Supporttouren gespielt und dann selber große Shows gemacht. War auf jeden Fall alles dabei.

Don Cali: Mal groß mal klein gespielt.

Chino: Hier in Erlangen haben wir auf alle Fälle auch eine der frühen Shows gespielt.  Ist ein Ursprungsort unserer Culcha Landkarte. Wir haben damals da gespielt. Das erste Mal haben wir glaub ich hier im E-Werk beim Soundclash gespielt. Da haben wir hier im großen Saal gespielt, und da gab es einen Auftritt am Dechsendorfer Weiher zu gewinnen. Und den haben wir damals da gewonnen und wiederum da gespielt. Sind damals auch nochmal mit der Next Generation Tour dagewesen. Ganz früher haben wir ganz viel hier gespielt. Deswegen ist das  für uns hier vertrautes Terrain.

Johnny: Hier in Erlangen ist Standard, oder so ein Urgestein. Im ersten Album gibt’s auch ein Foto von hier im Backstage was wir da geschossen haben.

Don Cali: Im Backstage unten sind ganz viele Kritzel von uns. Ich hab mir schon überlegt den ersten der Musiker, die heute dabei sind ja neu, der was findet 5 Euro zu geben. Das ist alles voll gepainted. Jedes Jahr wieder.

Vor allem will ich über eure neue Platte sprechen. „Feel Erfolg“. Es ist ein bisschen eine Standardfrage, aber der Titel „Feel Erfolg“ gibt ja doch ein bisschen Interpretationsspielraum. Was habt ihr euch dabei gedacht?

Johnny: Na ja, das ist ja ein Wortspiel wenn man genauer hinschaut. Und es ist einfach ein Lebensgefühl was auch sehr gut die Sache auf den Punkt bringt wenn man sich überlegt:  Was ist Erfolg eigentlich? Erfolg kann ja ganzes viel sein, aber dass was am Erfolg am schönsten ist, ist wenn man es einfach fühlt was man tut. Und das ist dann meistens auch das Beste was man dann so macht. Wenn es dir Spaß macht, was du machst bist du meist am besten darin, und hast dann auch den entsprechenden Erfolg. Und es muss nicht unbedingt in Zahlen messbar sein. Jeder hat die Chance das für sich sozusagen zu erleben und das so zu machen. Deswegen soll es quasi ein motivierender Spruch sein, der den Leuten natürlich ein bisschen Erfolg wünscht. Und vor allem Dingen haben sie die Chance es zu machen, sie haben es in der Hand. Ich mein wenn man es fühlt wird es gut und deswegen wünscht man quasi den Leuten dass sie auch den Erfolg spüren und entsprechend auch haben.

Zum Konzept des Albums. Habe ein bisschen was zum Prozess mitbekommen. Ihr wart bei vielen neueren jüngeren Produzenten und seid zu verschieden Orten gefahren. Dort habt ihr kleine Sessions gemacht und habt dort vor Ort die Songs aufgenommen, was ja ein bisschen untypisch ist. Könnt ihr da noch ein bisschen genauer drauf eingehen?

Johnny: Noch genauer? (lacht) War schon sehr viel.

Mateo: Sehr gut gesagt. Bei überwiegend, bei 99% der Alben davor, waren die Instrumentals schon da und dann haben wir drauf geschrieben. Und dieses Mal ist alles gleichzeitig entstanden. Der Beat und die Idee und der Song. War eine ganz andere Art. Eine irgendwie viel coolere Art Songs zu machen diesmal. Und die ganzen Producer waren alles Multitalente, Multiinstrumenatlisten. Die hatten richtig Bock Sachen zu Mischen. Die waren Im Schnitt halt so Mitte 20, also viel jünger als wir. Dadurch hört sich das irgendwie auch alles so Up-to-Date, am Zeitgeist dran, an. Das war auch die Vorgabe, das wir uns anhören, wie wir uns halt anhören bloß halt der Jetztsound. Ist ganz gut gelungen. Oder wie Raf Camora sagt: Die Beats sind geil, die Texte sind scheiße.

Bei  „Versace“ und  „Mach dein Ding“ ist ja Auto-Tune mit drauf. Sind ja eher neuere Dinge, die aktuell wieder angesagt sind. Kam das auch durch die jüngeren Produzenten?

Mateo: Das hängt eher damit zusammen, dass wir nicht so gut singen können (Alle lachen).

Don Cali: Auto-Tune haben wir ja auch in älteren Songs, zum Beispiel bei „Monsta“.

Mateo: Auto-Tune haben wir erfunden.

Don Cali: Das gibt es ja schon etwas länger in der Szene.

Johnny: Ist gerade voll in. Früher war das noch verpönt als es neu war. Und mittlerweile ist es Standard geworden. Als Stilmittel. Wir sind auf jeden Fall auch mit der Zeit mitgegangen. Jetzt darf man es auch schon mal, und jetzt haben wir es auch ein bisschen präsenter. Ist ja ein Stilmittel, wie schon mal gefallen ist. Es muss halt zum Sound passen. Und heutzutage passt es wieder besser. Früher war es so extrem poppig, und heute ist es auch wieder cool.

Dieses Latin und Dancehall mit einfließen lassen, was ihr ja schon seit vielen Jahren macht, ist ja auch wieder in geworden?

Mateo: Klar, das ist absolut geil. Reggaeton ist mittlerweile in jedem 2. Song in den Charts irgendwie vertreten. Oder langsamer Dancehall, Off-Beats allgemein. Aber auch mega beliebt ist Afrotrap und so. Das ist ja auch irgendwie karibisch off-beat-mäßig. Ist sehr angesagt grade, und finden wir auf jeden Fall cool. „Hamma!“ war ein Dancehalltune. Vor 10 Jahren auf der 1 in Deutschland. Da waren wir auf jeden Fall glaub ich Vorreiter mit. Finden wir aber gut dass das jetzt halt so viele Leute machen-

Jetzt wo du auch Hamma! ansprichst: Beim neuen Album fällt auch auf, dass ihr viele Neuauflagen und Anspielungen auf alte Songs eingebracht hat. Ich möchte mal drei Große nennen. Ihr habt „In meiner City“ drauf, was eine Neuauflage von „In da City“ ist. Ihr habt „Ey Dj“ in ner Hook benutzt, und ein bisschen wiederverwertet mit neuem Stil, und auch „Hamma!“ neu aufgelegt. Wie kamt ihr dazu zu sagen: Ja das wollen wir auf dem neuen Album machen. Und hattet ihr nicht ein bisschen Angst das da irgendwie Hate kommt, weil die Leute wollen ja meist nur das Alte?

Mateo: Nö Hate gar nicht. Das war ja auch die Vorgabe. Das wollten wir auch machen. Ein paar Remakes sozusagen oder Anleihen von alten Songs, um die Brücke zu schlagen, zu früher, weil es ja auch unser Jubiläumsalbum ist. 15 Jahre Culcha Candela. Und deswegen war das auch so die Vorgabe. Es ist nicht so das uns nichts mehr Neues eingefallen ist (lacht). Sondern wir fanden das echt gut ein paar Sachen zu remaken.

Johnny: „Was könnten wir fürs Jubiläum nochmal im neuen Gewand oder Remix benutzen?“ Wir wussten selber nicht am Anfang wie wir es haben wollen. Ist ja eigentlich ganz cool geworden. Das „Hamma!“ war ja ein Remake-Contest den wir gemacht haben, wo verschiedene Produzenten was eingesendet haben und der Beste gewonnen hat. Und die Anderen waren so am Entstehungsprozess: „Ey, das können wir ja darauf machen. Ja cool, gute Idee.“

Mateo: Finde aber, dass die Songs trotzdem eigene Songs sind und sich anhören wie neue Songs. Find ich ganz cool.

Johnn: Machen viele Rapper ja auch, dass sie mehrere Teile bringen. Haben wir auch mal gemacht zum Jubiläum.

Apropos was mich auch interessieren würde. In dem Album vorher habt ihr ja auf „Scheiße aber happy“ mit den dummen Kommentaren abgerechnet. Fand ich nen sehr coolen Song. Auf „Cool mit mir selbst“, war das Ganze in einer persönlichere Richtung, in welche sich der Hörer in die Lage versetzen konnte und das Ganze auf sich selbst projizieren konnte. Dieser Hate, den man als Musiker natürlich auch mal bekommt. Ihr seid jetzt seit 15 Jahren dabei. Juckt das überhaupt noch? Damals ging das einem vielleicht noch mehr zu Herzen.

Johnny:  Joa ich glaube es ist in der Musik ähnlich wie im Privatem. Man kann es nicht jedem Recht machen. Gerade irgendwie wenn man Mucke macht und erfolgreich ist kommen halt viele Leute die entweder nicht cool finden was man macht, oder halt Hater, also Neider sind. Und davon ist halt wichtig, dass man sich frei macht oder drübersteht zu mindestens. Manche Kritik ist berechtigt. Manche nicht. Du hast ja „Scheiße aber happy“ erwähnt. Wir haben auf jeden Fall auch Sachen gemacht, die wir selber im Nachhinein gar nicht so cool fanden. Aber wir stehen halt dazu. Und das ist halt wichtig. Man kann auch Fehler machen. Man kann auch mal sagen, okay das war vielleicht nicht cool, aber wichtig ist, dass man weiß wer man ist, und wo man hin will. Und das man sich eben nicht davon runterziehen lässt. Diese positiven Vibes, die wir von Anfang an vertreten haben, und die viele nicht so ernst nehmen, weil sie sagen: Ey die Welt ist nicht so. Es gibt genug Leute dies halt negativ sehen und wir bleiben halt beim Positiven, auch wenn Leute versuchen uns runterziehen, uns zu dissen oder so. Ist für uns eher Ansporn das durchzuziehen.

Mateo: Also zu nächst Hate ist eigentlich völlig scheißegal. Das einzige was mich ärgert an Hate ist, wenn er so in Richtung Rassismus geht. Wenn wir zum Beispiel was politisches posten, wir sind ja politisch engagierte und interessierte Menschen, schreiben die wie aus allen Wolken gefallen: „Bleibt mal lieber bei Musik. Das könnt ihr ja noch. Aber zu Politik dürft ihr euch nicht äußern.“ Ganz im Gegenteil. Mehr von unseren Kollegen sollten was sagen. Helene Fischer, Andreas Bourani, und wie die alle heißen. Nicht immer nur Culcha Candela, Herbert Grönemeyer und Udo Lindenberg oder Toten Hosen.  Sind immer die Gleichen. Finde andere Leute die ne krasse Reichweite haben sollten auch sagen: „Hey Leute seid doch mal netter zueinander.“ Keine Ahnung. „Geht wählen.“ Reicht ja. Man muss ja nicht so in die Materie gehen. Das  ist der einzige Hate, der mich richtig nervt. Wenn halt Leute so ekelhafte rassistische Sachen posten. Nur weil wir halt sagen: Die AFD ist vielleicht eine Partei wo viele rechtsradikale Spitzenkanidaten sind. Das solltet ihr wissen. Auch wenn ihr sagt ihr seid keine Nazis. Das sagen wir ja auch. Aber das solltet ihr wissen. Wenn dann so Leute unter die Gürtellinie gehen, finde ich das eklig. Ansonsten Hate ey whatever Alter. Was ich dann nicht immer ganz verstehe ist, wenn Musikerkollegen, die so richtig erfolgreich sind, haten. Die selbst so richtig krass Erfolge gefeiert haben oder noch feiern und viel Kohle gemacht haben. Die Langeweile oder Drang verspüren uns eins auszuwischen. Find ich ehrlich gesagt so: „Leute habt ihr nix zu tun? Ihr habt doch grade viel Erfolg. Kauft euch doch nen neuen Lambo oder fahrt in den Urlaub.“ Aber okay.

Komm ich eigentlich schon zur letzen großen Frage. Und zwar ist mir aufgefallen: Auf dem ersten Album wart ja eigentlich nur ihr vertreten. Da waren jetzt keine großen Features. Jetzt finde ich kamen immer mehr Features dazu. Ich lehne mich ein bisschen aus dem Fenster und sage es sind eher unbekanntere Leute. Ihr habt ja jetzt auf dem neuen Ela von Elaiza, die ja jetzt auf dem Song das erste Mal solo auftritt. Ihr wart aktuell aber auch bei Eko Fresh auf dem Album drauf, und der ist ja schon größer. Gibt’s nen Umdenken, dass ihr sagt: Ihr wollt jetzt vermehrt Features machen. Und wollt ihr dann eher bei Kleineren oder Größeren bleiben?

Chino: Wir haben jetzt erst mal die Möglichkeit dazu geschaffen. Beziehungsweise früher war es durch unsere Bandanatomie, durch unsere Zusammensetzung, nicht so richtig möglich. Wir waren so viele Leute, und hatten so viele Stimmen in den Songs unterzubringen. Da war einfach kein Raum da für Features, oder keine Möglichkeit. Ist seit der letzten Platte anders. Seit dem wir zu viert sind ist auf jeden Fall mehr Platz da und dieser Platz muss an manchen Stellen gefüllt werden. Und da haben wir die Tür aufgemacht, und uns für die Produktion und Zusammenarbeit mit anderen Künstlern geöffnet. Und daher kommt das einfach auch. Wir wurden früher auch immer mal wieder gefeatured, wie von Luxuslärm oder es gab ein paar Anfragen hin und wieder. Aber es hat sich echt in Grenzen gehalten. Und deshalb hat uns das voll gefreut als Eko auf uns zu kam meinte: „Habt ihr nicht Bock bei mir auf der Platte sein?“ Und wir: Ey voll geil. Lass uns das machen.“ Grundsätzlich sind wir dafür immer offen, und schon offen gewesen, aber es ist nicht so, dass das von allein irgendwie passiert ist und wir mussten gucken was geht und was sich machen lässt.

Mateo: Oder wie du auf „Scheiße aber happy nachhören kannst:  Niemand will uns featuren, wir sind nicht real genug. Campino und die Anderen machen Band-Aid ohne uns.“

Gibt’s noch jemanden mit dem ihr unbedingt ein Feature machen wollt?

Chino: Klar, Raf Camora (alle lachen). Mit dem würde ich gerne mal ein Feature machen.

Don Cali: Unbedingt.

Mateo: Ich auch.

Mateo: Aber nur wenn jemand anders die Beats machen (lacht).

Don Cali: Würde sagen die Texte auch.

Mateo: Und er macht die Texte.

Chino: Kannst ja fragen ob er mit uns tanzen will.

Mateo: Ob wir im Video tanzen dürfen. Ich würde gerne im Video von Raf Camora tanzen mit ein paar schwarzen Raben.

Mateo: Pharrel Williams. Ist ein bisschen so ein unbekannter Künstler.

Wird schwer wahrscheinlich.

Don Cali: Tupac (lachen).

Wird auch schwer (lacht).

Chino: Beethoven.

Mateo: Ludwig van Beethoven Alter (in englischen Slang).

Don Cali: Jimmy Hendrix.

Bob Marley.

Don Cali: Bob Marley. Großer Fan. Lauryn Hill.

Alle: Gibt viele. Auch hier in Deutschland.

Culcha Candela im Interview mit dem Reflexmagazin. Bild: Jessy

Culcha Candela im Interview mit dem Reflexmagazin.
Bild: Jessica Burgess

                            

         Das Interview führte Nico Hilscher

Tourdaten, weiterführende Informationen über die Band, sowie Merchandise und das aktuelle Album „Feel Erfolg, findet ihr auf der offiziellen Homepage von „Culcha Candela“.

 

 

 

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