Farben, Explosionen und ein bisschen Völkermord

spykids in Space

Spy Kids in Space: Valerian (Dane DeHaan) und Laureline (Cara Delevingne)     Bild: Universum

Vor 20 Jahren landete Regisseur Luc Besson mit Das fünfte Element einen Sci-Fi-Kulthit. Bei Valerian – Die Stadt der tausend Planeten jagt er jetzt ein anderes Superwesen durchs Universum. Die Optik ist so überdreht wie damals, die Botschaft so simpel-kitschig wie immer – trotzdem ist Valerian der schlechtere Film. Das liegt vor allem am Ton. Aber nicht nur.

Was als zauberhafter Strandtag beginnt, endet für die friedliche Alien-Rasse der Pearls in einer Katastrophe. Aus heiterem Himmel stürzen riesige Raumschiffe aus den Weiten des Weltraums und explodieren in kilometerhohen Feuersäulen. Der idyllische Wasserplanet Mül ist dem Untergang geweiht, nur wenigen Pearls gelingt die Flucht. Dreißig Jahre später finden sich die wenigen Überlebenden auf der gigantischen Raumstation Alpha wieder, in der Außerirdische aus allen Ecken des Universums friedlich zusammenleben. Hier sind die intergalaktischen Agenten Valerian (Dane DeHaan) und Laureline (Cara Delevingne) gerade dabei eine geheimnisvolle Todeszone zu untersuchen, die sich rasend schnell ausbreitet und die ganze Station zu vernichten droht. Nebenbei stolpern sie noch über den letzten lebenden Transmulator – eine possierliche Kreatur, mit der so mysteriösen wie nützlichen Fähigkeit Gegenstände aller Art zu vervielfältigen.

Große Schauwerte, wenig dahinter

Luc Besson träumt nach eigener Aussage seit seiner Jugend davon, die Comicabenteuer um Valerian und Laureline auf die große Leinwand zu bringen und ließ sich auch für sein fünftes Element kräftig von der französischen Sci-Fi-Reihe inspirieren. Jetzt, wo die Technik endlich  bereit ist für die große Valerian-Welt und ihre skurrilen Bewohner wirkt der Regisseur bisweilen wie ein Kind im Bonbonladen. Er wirft den Zuschauer von einer fremden Welt in die nächste, inszeniert Verfolgungsjagden auf verschiedenen Realitätsebenen – und zeigt mit zahllosen CGI-Spektakeln warum sein Valerian der teuerste europäische Film aller Zeiten ist. Auf der Kinoleinwand entfalten diese Schauwerte eine hypnotisch-überdrehte Kulisse, hinter der sich beim genaueren Hinschauen, aber einige Logiklöcher auftun.

Das wäre nicht weiter schlimm, wenn Besson zwei sympatische Protagonisten durch diese bunte Welt schicken würde. Leider erweisen sich die Hauptfiguren als eines der größten Probleme des Films. Die angeblichen Superagenten wirken immer wieder wie Amateure, die – wenn sie nicht gerade Regierungseigentum verschenken oder in offensichtliche Fallen tappen – auch mal unbewaffnete Zivilisten mit ihren Waffen bedrohen. Auch die typisch-ironischen Oneliner, die das Drehbuch ihnen in den Mund legt wirken angesichts der dramatischen Bedrohungslage reichlich fehl am Platz und kosten weitere Sympathiepunkte. Am schwersten wiegt allerdings die absolut überflüssige Liebesgeschichte zwischen den beiden. Besson stampft die komplexe langwierige Beziehung der Comicvorlage auf eine simple Romanze ein, die die Hauptdarsteller mit stoischer Miene und ohne jede Spur echter Chemie herunterspielen.

Blasse Charaktere

Zwischen Pandora und Strandbroschüre - Pearls auf Mül

Zwischen Strand-Broschüre und Camerons Pandora: Pearl-Fischer auf Mül   Bild: Universum

Auch die Nebencharaktere können keine echten Akzente setzten. Immerhin weicht der Regisseur immer wieder vom gängigen „Menschen mit komischen Ohren und seltsamen Farben“-Aliendesign ab und schafft ein paar wirklich originelle Kreaturen, die dann aber meist nur kurze Auftritte haben. Ausgerechnet die plot-entscheidenden Pearls fallen in die so langweilige wie überstrapazierte Kategorie der „edlen Wilden“, die wie leicht ausgeblichene Na’vi-Ausgaben über den Strand ihrer Heimatwelt tollen. – Kein Wunder, dass Besson James Camerons Avatar als Inspiration angegeben hat. Interessanterweise hinterlässt R&B-Star Rihanna als Gestaltwandlerin Bubble noch den größten Eindruck und kann unseren Hauptfiguren zu ein paar echten emotionalen Momenten verhelfen, bevor sie überstürzt aus dem Drehbuch gekickt wird.

Bubbles tragische Lebensgeschichte als ziel- und identitätslose Weltraum-Stripperin ist dabei nur ein Beispiel für einen plötzlichen Schlenker im Ton. So will der Regisseur nachdem er zwei Stunden lang mit seltsamen Monstern, knackigen Sprüchen und coolen Agentengadgets um sich geworfen hat, auf den letzten Metern plötzlich den vertuschten Völkermord an den Pearls lösen. Dass Besson – der in Das fünfte Element das Böse selbst als Schurken auftreten ließ – allzu tiefgreifende moralische Fragen umschifft, indem er die Schuld ganz allein einem durchgedrehten Offizier in die Schuhe schiebt lässt sich noch verschmerzen. Dass er sich, nur Minuten nachdem Unschuldige mit Laserwaffen niedergemäht wurden, in einem schmalzigen Monolog über die Liebe verliert geht dann aber doch zu weit. Nach 20 Jahren Wartezeit ist die Technik damit bereit das epische Valerian-Werk zu stemmen. Der Regisseur aber offenbar nicht.

Simon Lukas

Valerian – Die Stadt der tausend Planeten läuft aktuell im Cinecitta‘ in Nürnberg.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert.