Die Insel der Möchtegern-X-Men

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Liebe als Luftnummer: Jacob (Asa Butterfield) und Emma (Ella Purnell)            Bild: Fox

Mit Die Insel der besonderen Kinder versucht Gothic-Regisseur Tim Burton mal wieder seine düstere Optik mit einem bunten Abenteuerfilm zu mischen. Das hat schon bei Alice im Wunderland nicht funktioniert. Hier ist es ein Desaster – und eine extra eingestellte X-Men-Autorin macht die Sache nur noch schlimmer.

Der 16-jährige Jacob (Asa Butterfield) liebt die verrückten Geschichten seines Großvaters (Terence Stamp). Der erzählt ihm seit frühester Kindheit von Monstern, Zeitreisen und einer geheimnisvollen Insel auf der übernatürlich begabte Kinder leben. Als der Großvater eines Tages tatsächlich einem unsichtbaren Ungeheuer zum Opfer fällt, macht sich Jacob auf die Suche nach der Insel aus den Erzählungen. Tatsächlich findet er sich bald im England des Jahres 1943 wieder, wo er auf die mysteriöse Miss Peregrine (Eva Green) und ihr Kinderheim voller Mutanten trifft. Und er kommt gerade rechtzeitig – das böse Superwesen Barron (Samuel L. Jackson) hat die Insel auch entdeckt und will Miss Peregrine für ein bizarres Experiment entführen.

Zuckerwatte und Riesenkarotten

Wem einzelne Storybausteine erstaunlich vertraut vorkamen, hat Recht: Der Film liest sich nicht nur wie ein billiger X-Men-Aufguss in britischer Harry Potter-Schulatmosphäre, sondern sieht über weite Teile auch so aus. Das könnte damit zu tun haben, dass mit Jane Goldman auch die Autorin der Junge X-Men-Geschichte Erste Entscheidung mit an Bord ist. Statt wie im 2011-Hit vertraute Charaktere weiterzuführen, muss Goldman hier eine ganze Reihe an schrägen Figuren vorstellen. Das endet damit, dass die allermeisten besonderen Kinder auf ein Charaktermerkmal beschränkt bleiben. Auch ihre Fähigkeiten – die von interessant zu absolut lächerlich reichen – bleiben diffus und scheinen sich mehr nach den Plänen des Drehbuchs, als nach einer eigenen Logik zu richten.

Spätestens beim Einsatz der Superkräfte zeigen sich deutliche Risse in der düster-realistischen Fassade, die Burton zu Anfang recht geschickt aufbaut. Die besonderen Kinder werden in stimmungsvollen Schwarzweißbildern als geheimnisvolle Weltwunder vorgestellt – um dann alberne Riesenkarotten wachsen zu lassen und ihre Gegner gegen die Wand zu pusten. Die als nahezu unbesiegbare Bestien aufgebauten Monster werden währenddessen mit Zuckerwatte bekämpft. Die wenigen wirklich originellen Ideen – wie ein menschlicher Bienenstock und ein Junge, der tote Materie beleben kann – gehen im bunten Effekt-Gewitter unter.

Zeitreise-Probleme

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Armbrust-Pädagogin: Miss Peregrine (Eva Green) Bild: Fox

Mit ihren vereinten Kräften stellen sich die Kinder den Monsterhorden, die unsere Hauptfigur – durch die Macht des Deus ex machina – als einziger sehen kann. Bösewichte Barron verfolgt derweil seine eigenen bizarren Pläne. Er will mehrere Supermenschen einfangen, um sie für irgendwelche Unsterblichkeitsexperimente zu benutzen, die letztes mal schon schiefgegangen sind. Dabei spielt Jackson den Gestaltwandler Barron dermaßen durchgedreht, dass man die Suche nach irgendeiner Art tieferer Motivation gleich aufgeben kann. Stattdessen verputzt er mit seinen Spießgesellen ein paar blutverkrustete Kinderaugen und lacht böse. Das wäre alles ein bisschen subtiler gegangen.

Gegen Ende stolpert Goldman dann auch noch in genau die Zeitreise-Logiklöcher, die sie in den X-Men-Filmen halbwegs geschickt umfahren konnte. Die eigentlich interessante Idee einer Eintags-Zeitblase in den 1940ern wird zum Problem, wenn man nicht mehr weiß in welcher Zeit die Kinder sich gerade herumtreiben oder warum sie nicht einfach weiter zurückgehen, um ihre Probleme zu lösen, bevor sie entstehen. Jacob hüpft einmal so weit in die Vergangenheit, dass er mindestens eines der Kinder hätte retten können – wenn nicht Barron und seine Bande aufhalten bevor sie sich durch die Reihen der Superwesen morden. Stattdessen sucht er seinen Freunde und sticht mit ihnen in See. In Richtung Sequel? Hoffentlich nicht.

Simon Lukas

Die Insel der besonderen Kinder läuft aktuell im Cinecitta‘ in Nürnberg.

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