Die 16-jährige Jesse (Elle Fanning) plant in der Modewelt Fuß zu fassen. Um dieses Ziel zu verwirklichen zieht es das junge Mädchen in die Metropole Los Angeles, die Stadt in der Träume wahr werden können.
Jesse schwimmt von Anfang an auf der Erfolgswelle: Während für ihre Konkurrenz die Casting-Türen meist verschlossen bleiben, wird das Nachwuchsmodel überall mit offenen Armen begrüßt. Das Mädchen hat das gewisse Etwas, jene unbedarfte Natürlichkeit, wonach sich die Branche seit jeher verzehrt. Die größte Modelagentur, der wichtigste Fotograf und der erfolgreichste Fashiondesigner der Stadt – mit ihrer anmutigen Eleganz zieht sie alle in ihren Bann. Doch die oberflächliche Modewelt funktioniert getreu dem Motto: Für jedes neue Gesicht muss auch ein altes weichen. Wen erstaunt es also, dass Jesse neben den vielen Bewunderern auch Feinde gewinnt? Als schließlich die „Dämonen“ der Modewelt – zu beschreiben als hochmütige Selbstgefälligkeit – von ihr Besitz ergreifen, führt sie ihr Weg zum Erfolg direkt in einen Sog aus Intrigen und Missgunst. Für Jesse entpuppt sich das glitzernde Modebusiness schnell zu einem Fenster zur Hölle.
Zugegeben, die Geschichte hinter »The Neon Demon« klingt wohl bekannt. Spätestens seit die Modebranche in kommerziellen Fernsehformaten Einblicke in ihr Innenleben gewährt, weiß jedermann über die Geistlosigkeit der Welt der Schönen und Schlanken Bescheid. Die Darstellung des banalen Aussonderungsprinzips der Modebranche ist sicher nicht der Kern der Verfilmung von Regisseur Nicolas Winding Refn. Vielmehr tritt der Inhalt zugunsten einer unglaublich bildgewaltigen Darstellungsform zurück. Hier folgt der Filmemacher dem Prinzip der Modewelt, wonach die Sinnlichkeit und Ästhetik die Sinnhaftigkeit überragen dürfen.
Bei der Auswahl des Schauspielerensembles hat Nicolas Winding Refn ein glückliches Händchen bewiesen. Die Hauptdarstellerin Elle Fanning verkörpert die Rolle des reinen und unverbrauchten Nachwuchsmodels Jesse zu weiten Teilen glaubwürdig. Zu kritisieren wäre, dass Jesse´ Wandlung hin zu einer geistlosen Marionette der Branche manchmal etwas affektiert und unverständlich wirkt. Die Überheblichkeit der Konkurrentinnen, gespielt unter anderem von Bella Heathcote und Abbey Lee Kershaw, vermag die Realität des Modebusiness wohl gut abzubilden. Neben diesen Nachwuchsschauspielern ist zudem der Hollywoodstar Keanu Reeves ist einigen Szenen zu sehen.
Die kurzweilige Verfilmung »The Neon Demon« besticht durch ästhetische, fast süchtig machende Bilderfolgen sowie einer perfekt abgestimmten Filmmusik. Anders als das Genre „Horror“ vermuten lässt, löst der Film jedoch weniger Grusel als vielmehr Faszination, manchmal sogar ein Gefühl von Ekel, aus. Der ungewöhnliche Blick hinter die Kulissen der Modewelt kann ab dem 23. Juni 2016 in den deutschen Kinosälen bewundert werden.
Anja Groß