Viel Money, ein Monster

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Gates und Budwell (v.l. George Clooney, Jack O’Connel) sind auf der Suche nach einem Schuldigen Bild: Sony

Wer steckt hinter der Wall Street? Wer entscheidet, wie die Kurse fallen – und wohin das Geld der Anleger verschwindet? In ihrer fünften Regiearbeit Money Monster schickt Jodie Foster George Clooney auf die Suche nach den Strippenziehern hinter den weltweiten Aktienkursen. Nur schade, dass er einen Schuldigen findet.

Lee Gates (George Clooney) ist der gefragteste Anlageberater Amerikas. In seiner Show Money Monster albert er in schillernden Kostümen vor Bildschirmen herum und bringt seine „todsicheren Tipps“ unters Volk. Als eines Tages eine von ihm empfohlene Aktie ins Bodenlose stürzt, steht plötzlich ein wütender – und bewaffneter – Anleger im Studio. LKW-Fahrer Kyle Budwell (Jack O’Connell) hat sein gesamtes Erspartes verloren, eine schwangere Freundin und jede Menge Fragen. Vor laufender Kamera soll ihm Lee ganz genau erklären, wohin sein Geld verschwunden ist. Der Moderator versucht zunächst nur sein Leben zu retten, doch mit Hilfe seiner kompetenten Regisseurin Patty Fenn (Julia Roberts) kommt er nach und nach einer groß angelegten Verschwörung auf die Spur.

 

Kammerspiel vorm Millionenpublikum

Durchgedrehte Finanzprofis gab es einige in den letzten Kinojahren – so tut Foster gut daran, ihren Börsenfilm mit ein paar treffsicheren Schlägen in Richtung Medien zu würzen. Clooney ist der Clown im durchgedrehten Aktienzirkus und wirkt dabei bald so manisch wie die Börsenkurse selbst. Wenn er dem Publikum nicht gerade ewigen Reichtum verspricht, gibt er eine Tanznummer zwischen Go-Go-Tänzerinnen oder spielt schnell einen YouTube-Clip ein. Diesen Mann kann niemand ernst nehmen, aber ganz Amerika hängt an seinen Lippen und lässt sich jede Woche die neuesten Geheimtipps andrehen. Auch Roberts macht sich als abgeklärte Regisseurin keine Illusionen über ihren Star. „Wir machen hier keinen guten Journalismus. – Wir machen nicht mal Journalismus“, kommentiert sie trocken in Gates‘ Ohrstöpsel. Sie sorgt nur dafür, dass die bunte Show weiter läuft. Die Rechnung bezahlen andere.

Nach diesem cleveren Einstieg ist es fast schade, wie schnell der Plot Richtung Geiseldrama schlittert. Der wütende Kleinanleger Budwell bricht mit gezückter Waffe in die bunte Show-Welt ein und verlangt ein paar klare Antworten. Zwischen Moderator, Geiselnehmer und der immer zugeschalteten Regisseurin entwickelt sich dabei ein faszinierendes Echtzeit-Kammerspiel. Budwell ist dabei – zumindest zu Anfang – so geschickt zwischen den Polen heldenhafter Retter der Kleinsparer und durchgeknallter Amokschütze angelegt, dass es schwer fällt, ihn einzuordnen. Die Verzweiflung des werdenden Familienvaters ist in jeder Szene zu spüren – und das macht ihn unberechenbar. Allgemein spielt der Film immer wieder mit Erwartungen und Vorurteilen. Als sich Gates voller amerikanischem Pathos – „Was ist das Leben eines Menschen wert?“ – an die zugeschalteten Anleger wendet, um Budwells Aktien in die Höhe  zu treiben, fällt der Kurs sogar noch. Und auch die Live-Schalte zur Freundin des Geiselnehmers endet anders als erwartet.

 

Bild: Sony

Regisseurin Fenn (Julia Roberts) behält alles im Blick Bild: Sony

Einer ist immer schuld

Leider verlässt sich der Film nicht auf seine drei Hauptcharaktere im Fernsehstudio, sondern verliert sich mehr und mehr in anderen Handlungsfäden. Plötzlich muss Regisseurin Fenn herausfinden, ob die Aktienkurse manipuliert wurden. Der Chef eines Hightech-Konzerns gerät in Verdacht, doch der tingelt in seinem Privatjet um die Welt und ist praktischerweise bis zum großen Finale nicht zu erreichen. Bis dahin muss Fenn sich mit einer stoischen Pressesprecherin herumschlagen, die wieder und wieder die offiziellen Statements verliest – soviel zum Spannungsaufbau. Diese Szenen wären besser zugunsten einer stringenteren Charakterentwicklung geopfert worden – insbesondere Gates ist am Ende des Films kaum wieder zu erkennen.

Sobald der verdächtige Firmenchef gelandet ist wird Clooneys Börsenclown plötzlich zum investigativen Journalisten und deckt im Handumdrehen die üblen Machenschaften des Vielfliegers auf. Alle bisher aufgeworfenen Fragen über die Gerechtigkeit der Finanzmärkte, die Gefahren der Aktienkurse und die Verantwortung der Medien werden schnell auf dieses eine unzuverlässige Rädchen im System geschoben. Der überführte Schurke darf zwar noch einen kurzen kapitalismuskritischen Monolog halten, aber eigentlich ist die Sache erledigt. Er kommt vor Gericht, alle anderen machen weiter wie bisher. So einfach sollte die Welt nicht mal im amerikanischen Kino sein.

Simon Lukas

Cinecitta‘ Nürnberg

Donnerstag 9. Juni, bis Montag, 13. Juni

11.45 Uhr / 14.15 Uhr / 17.00 Uhr /22.30 Uhr

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