Mit Trumbo beleuchtet Regisseur Jay Roach ein düsteres Kapitel der Traumfabrik. Er schickt Bryan Cranston als kommunistischen Drehbuchautor in den 1940er Jahren durch einen politischen Spießrutenlauf und zeigt, wozu Staaten in Zeiten diffuser Bedrohungen und unklarer Fronten fähig sind. Ein wichtiger und bis heute aktueller Film.
Amerika, Ende der 1940er Jahre: Der Kalte Krieg wirft seinen Schatten auf Hollywood. Als der linke Drehbuchautor Dalton Trumbo (Bryan Cranston) bei einer Demonstration unterbezahlter Filmschaffender spricht, werden Kommunistenjäger auf ihn aufmerksam. Besonders die eiskalte Journalistin Hedda Hopper (Helen Mirren) hat es auf den Autor abgesehen. Trumbo wird vor das Komitee für „unamerikanische Umtriebe“ zitiert und in einem Schauprozess als kommunistischer Spion verurteilt. Nach elf Monaten hinter Gittern landete er auf der „Schwarzen Liste Hollywoods“ – er darf nicht mehr schreiben. Doch Trumbo lässt sich nicht unterkriegen, unter falschem Namen verkauft er weitere Drehbücher an den Trash-Produzenten Frank King (John Goodman). Aber dann geschieht das Undenkbare: Einer seiner Filme wird für den Oscar nominiert – und gewinnt. Jetzt ist ganz Hollywood auf der Suche nach dem Genie hinter dem Drehbuch.
„Eine neue Art von Krieg“
Jay Roach – Regisseur der Austin Powers-Reihe – gelingt ein einfühlsames Außenseiter-Drama, dessen Botschaft weit über die Zeit des Kalten Krieges hinausstrahlt. Sein Amerika ist ein Koloss im Kriegsmodus, der sich nach Ende des Weltkrieges sofort auf den nächsten Gegner einschießt. Doch ohne klare Fronten, kann plötzlich jeder zum Feind werden. „Das ist eine neue Art von Krieg“, heißt es, als Trumbo auf die Schwarze Liste gesetzt wurde. Dieser Krieg wird nicht mehr gegen ein Land geführt, sondern gegen eine Idee. Und so müssen die Kommunistenjäger zur Gedankenpolizei werden. Dem Krieg für die gerechte Sache wird neben der Unschuldsvermutung auch die Gedankenfreiheit geopfert. Wer nicht auf der ideologischen Linie liegt, macht sich verdächtig – und muss unschädlich gemacht werden. Eine Hysterie, die in Zeiten eines Guantanamo Gefangenenlagers noch immer aktuell ist.
Durch die klare Rollenverteilung des einzelnen Freidenkers gegen das politische Establishment rutscht der Film gelegentlich etwas stark in Richtung Heldenepos. Wenn Trumbo vor Gericht das Rechtsverständnis seiner Ankläger vorführt, ist das noch historisch gedeckt, aber das Verlesen seiner herzzerreißenden Briefe aus dem Gefängnis ist ein bisschen viel des Guten. Insbesondere da sich der Autor, kaum aus der Haft entlassen, so gut wie gar nicht mehr um seine Familie kümmert und seine Tage lieber in der Badewanne über neuen Skripten verbringt. Daneben tut das Drehbuch gut daran, Trumbo über weite Strecken Arlen Hird (Louis C.K.) als sozialistisches Gewissen zur Seite zu stellen. Der radikalere Autorenkollege macht immer wieder klar, wie gemütlich sich der „Swimmingpool-Sozialist“ Trumbo im American way of life eingerichtet hat. Hird ist dabei eine der wenigen Kunstfiguren, mit denen verschiedene Personen zusammengefasst oder Handlungsstränge vereinfacht wurden. Ein wohltuender Kunstgriff in der eineinhalb Jahrzehnte umfassenden Geschichte.
Die Macht der Bilder
Durch diese Reduzierung der Protagonisten bekommen nahezu alle Hauptcharaktere die Gelegenheit zu glänzen. Cranston lässt seinen Trumbo mit spielerischer Leichtigkeit zwischen augenzwinkernder Gelassenheit und aggressiver Überforderung wechseln. Nach fünf Staffeln Breaking Bad scheint ihm die Darstellung des in die Illegalität getriebenen Familienvaters am Rande des Nervenzusammenbruchs in Fleisch und Blut übergegangen zu sein. Louis C.K. erdet die Geschichte und macht eindrücklich die Tragik seines Kommunisten Hird spürbar. Leider bleibt dabei ausgerechnet für Helen Mirren als Hedda Hopper zu wenig Zeit, um ihre Motive klar darzulegen. Als Kopf der Kommunistenjäger bleibt sie so auf einen säuerlichen Gesichtsausdruck und wechselnde extravagante Ensembles beschränkt.
Wie nebenbei zeichnet Roach noch ein starkes Bild von der Macht des Kinos. Nicht umsonst bringt er von John Wayne bis Ronald Reagan eine ganze Riege von patriotischen Hollywoodgrößen gegen Trumbo ins Feld. Im Gefängnis-Fernsehzimmer wird der Drehbuchautor als Teil der amerikanischen Kriegspropaganda dann auch noch zu einem albernen Actionfilm verdonnert. Dass der Verdacht, auch kommunistische Autoren könnten ihre Ideologie in ihre Werke einfließen lassen, nicht ganz aus der Luft gegriffen ist, zeigt die komischste Szene des Films: Der Vorzeigesozialist Hird lässt in einem billigen Alienstreifen den außerirdischen Besucher über die Ausbeutung des Proletariats philosophieren. Beruhigend zu sehen, wie reflektiert ein so immanent politischer Film mit der Macht der Bilder umgeht.
Simon Lukas
Manhattan Kino
Samstag, 19. März, und Sonntag, 20. März
16.00 Uhr