Blumenhüte, Riesenbonbons und sprechende Krähen

TE4_DIE-SCHNEEKÖNIGIN_c-Jochen-Quast.jpg

Die Frühlingskönigin möchte Gerda am liebsten behalten. Bild: © Jochen Quast

Eine Stimmung, die es wohl nur im Märchen gibt: Im Publikum sind auffallend viele Kinder, die aufgeregt darauf warten, dass sich der schwarze Vorhang hebt. An den seitlichen Plätzen im Zuschauerraum des Markgrafentheaters legen die Jungen und Mädchen erwartungsvoll ihre Arme auf die gepolsterte Balustrade und schauen neugierig zur Bühne. Der Schriftzug Die Schneekönigin wird auf den Vorhang projiziert. Es ist die zwölfte von 35 Vorstellungen, die das Ensemble des Erlanger Theaters innerhalb eines Monats zeigt. Und sie ist wirklich märchenhaft.

Kay und Gerda sitzen in ihrem kleinen, wohlig warmen Haus, während durch den durchsichtig-schwarzen Vorhang die kalte, weiße Winterwelt schimmert. Als Kay eine Karotte isst und dabei redet, spuckt er Gerda versehentlich ins Gesicht – im Publikum ist ein allgemeines „Wäääh!“ der Kinder zu hören. Ganz leise wird es, sobald die wunderschöne, aber hartherzige Schneekönigin riesengroß an den Vorhang projiziert wird. „Einen Kuss kriegst du, aber nur einen“, sagt sie zu Kay, „Denn sonst küss ich dich tot.“ So beginnt die Geschichte um Kay, dessen Herz gefriert. Um eine Schneekönigin, die mit dem Winter ihre Schwestern des Frühlings, Sommers und Herbstes verdrängen will. Eine Geschichte um wahre Freundschaft: Die Schneekönigin, ein Theaterstück von Elina Finkel nach Hans Christian Andersen.

TE1_DIE SCHNEEKÖNIGIN_(c) Jochen Quast

Noch hat die Schneekönigin Kay nicht geküsst. Bild: © Jochen Quast.

Gerda macht sich auf, ihren besten Freund aus den Fängen der Schneekönigin zu befreien. Ihr Gepäck? Ein Mantel, ein Paar Socken mit Löchern und ein Wecker. Mehr braucht man in einem richtigen Märchen nicht zum Reisen. Ihr erster Halt ist das Reich der Frühlingsherrscherin. Spätestens jetzt wird klar, wie viel Mühe sich Kathrin Hauer für die Kostüme und das Bühnenbild gegeben hat. Zwar können sich die Schauspieler nicht mehr völlig frei bewegen, doch dafür tragen sie aufwendige Kleider voller Blumen, Farne und Blätter. Sie halten keinen Moment still, damit die Blätter immer in Bewegung sind und rascheln. So gehen die Schauspieler mit ihren Kostümen quasi eine Symbiose ein. Nicht nur im Frühling. Durch den Sommer wird Gerda von Krähen geführt, im Herbst bekommt sie es mit Pilzen, Räubern und einem Rentier zu tun, im Winter mit den klobigen Dienern der Schneekönigin.

Ein besserwisserischer Pupskeks

Die Schauspieler schlüpfen so schnell von einer Rolle in die andere, wie von einem Kostüm ins andere. Das Beeindruckende: Als Zuschauer bekommt man von der hektischen Umwandlung vom Schmetterling zum Räuber nichts mit. Das Licht auf der Bühne erlischt und es werden Videos auf dem Vorhang abgespielt, beispielsweise von tanzenden Schneeflocken. Passend zum Märchen sind die Geräusche eines Schneesturms sowie Musik von Christoph König zu hören. Wenn dann die Räuber anfangen zu singen, zu trommeln und zu tanzen, wird es garantiert nicht langweilig. Erst recht nicht, wenn im Stück Schimpfwörter vorkommen wie „besserwisserischer Pupskeks“, was den meisten Kindern auch sehr viel Spaß macht.

TE5_DIE SCHNEEKÖNIGIN_(c) Jochen Quast

Gerda ist im Sommer angekommen. Bild: © Jochen Quast.

In kurzweiligen 75 Minuten führt die Regisseurin Katja Blaszkiewitz Kinder und Erwachsene durch eine Märchenwelt auf der Bühne. Sicherlich wird allen Beteiligten – von den Technikern bis zu den Schauspielern – viel abverlangt. Dafür schenken sie den Zuschauern ein sehr schönes Weihnachtsmärchen, dessen Höhepunkt die Schneekönigin ist. Wer ihr voluminöses, weißes, glitzerndes Kostüm sehen will, muss sich die Vorstellung selbst ansehen. Wer dann in großzügiger Weihnachtsstimmung ist, kann Janina Zschernig (Gerda) und Felix Steinhardt (Kay) Geld geben, das der Ehrenamtlichen Flüchtlingsbetreuung Erlangen (EFIE) zugutekommt.

Frohe Weihnachten!

 

Patricia Achter

Kommende Wochenend-Vorstellungen im Markgrafentheater Erlangen:
19.12.2015, 15 Uhr
20.12.2015, 11 und 15 Uhr
26.12.2015, 17 Uhr
27.12.2015, 11 und 15 Uhr

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert