Regisseur Paolo Sorrentino schickt Michael Caine und Harvey Keitel in ein malerisches Alpenhotel. Zwischen Massagen und Gesundheitsbädern diskutieren die beiden als befreundete Künstler eifrig über das Leben im Alter. Die deutschen Übersetzer machten aus Youth eine Ewige Jugend und treffen damit ins Schwarze – der Film scheint bald kein Ende mehr zu nehmen.
Die in die Jahre gekommenen Freunde Fred (Michael Caine) und Mick (Harvey Keitel) verbringen einen Wellnessurlaub in einem pompösen Schweizer Alpenhotel. Während Fred, der als Komponist und Stardirigent berühmt wurde, seinen Ruhestand genießen will, ist der Filmemacher Mick schon in sein neuestes Drehbuch vertieft. Trotzdem hat er immer Zeit mit seinem alten Freund über das Leben, die Kunst und – besonders beliebt – verpasste Gelegenheiten zu philosophieren. Eines Tages taucht ein Abgesandter des Buckingham Palace im Hotel auf und macht Fred das Angebot seines Lebens: Er soll ein allerletztes Konzert dirigieren – für die Queen persönlich.
Grandiose Bilder, flache Texte
Sorrentinos Leidenschaft für perfekt komponierte Bilder ist bekannt und auch in Ewige Jugend geht der Italiener in die Vollen. Das biedere Alpenhotel wird bei ihm zu einer beinahe magischen Bühne und die Landschaftsaufnahmen könnten direkt aus einem Schweizer Werbefilm stammen. Wenn dabei sogar grasende Kühe und faltigen Rentnerkörper in Gesundheitsbädern zu sphärischer Musik inszeniert werden erscheint die ganze Wellnesswelt zunehmend irreal und losgelöst von den Gesetzen des Alltags. Dazu passt die Riege an skurrilen Charakteren die Sorrentino in seiner kleinen Welt ansiedelt: Neben einem gealterten Fußballstar und einer Miss Universe lebt – warum auch immer – auch ein buddhistischer Mönch auf dem Hotelgelände.
Die Probleme beginnen, sobald die so fantastisch in Szene gesetzten Figuren den Mund aufmachen. Neben Banalitäten und vereinzelten Kalendersprüchen haben sich die Hotelgäste wenig zu sagen. In einer erstaunlich selbstreferenziellen Szene beraten ein paar Drehbuchautoren um den immer beschäftigten Mick, mit welchem Satz sie ihren Film enden lassen wollen und kommen zu dem Schluss – mit keinem. Manchmal braucht man keine Worte. Leider hält sich der Regisseur nicht an diesen Rat und stellt die Geduld der Zuschauer ganz besonders in der zweiten viel zu langen Hälfte, ziemlich auf die Probe.
Plots als Hintergrundrauschen
So wird immer deutlicher, warum es so schwierig ist Rentner zu Filmhelden zu machen: Die allermeiste Zeit verbringen Fred und Mick damit, alte Entscheidungen zu bereuen, anstatt neue zu treffen. Wo andere Kinorentner ihren Lebensabend nutzen um mit einer gesunden Jetzt-ist-es-auch-schon-egal-Einstellung noch einmal alles zu geben, verharren Sorrentinos Figuren viel zu lange in ihrer gemütlichen Wellnesslethargie. Fred hat sein Lebenswerk abgeschlossen und auch Mick scheinen die Filmstars vergangener Zeiten näher als sein aktueller Film. Die längste Zeit bleibt der Film so antriebslos wie seine Charaktere. Vielversprechende Plots und Handlungsstränge werden zu Hintergrundrauschen: Die zerrüttete Beziehung von Freds Tochter Lena (Rachel Weisz) oder die Leidensgeschichte eines sensiblen Schauspielers, der alles tut um sich von seiner Rolle zu lösen. Der Regisseur beobachtet lieber die beiden gealterten Künstler bei ihren ziellosen Gesprächen über bessere Zeiten und lässt sie dann und wann verträumt der Miss Universe hinterher gaffen.
Spannung kommt immer erst dann auf, wenn ein Gast aus der echten Welt in die geschützte Blase der Wellnessoase eindringt. Der Vertreter des Buckingham Palace lässt Freds emotionale Fassade bröckeln und eine extra für Micks Film eingeflogene Diva läutet schließlich das so überraschende wie passende tragische Ende ein. Die kompromisslose letzte Viertelstunde macht deutlich, was der Film hätte sein können, wenn er sich konsequent einem düstereren Ton verschrieben hätte. Und dass kein Altherrenwitz so zynisch sein kann wie der deutsche Titel.
Simon Lukas
Lamm-Lichtspiele
Sonntag, 29. November, bis Mittwoch, 2. Dezember
18.00 Uhr