Gerade jetzt, in Zeiten, in denen viele Flüchtlinge nach Deutschland kommen, wird häufig über neues, ehrenamtliches Engagement berichtet: Über Begrüßungen an Bahnhöfen, über Versorgung mit dem Allernötigsten. All diese Menschen zeigen damit, dass Flüchtlinge in Deutschland willkommen sind. Aber es gibt auch ehrenamtliches Engagement, das nicht gerade erst entstanden ist, sondern sich über Jahre entwickelt hat. Auch diese Arbeit verdient Respekt und Anerkennung. Die KulturTafel Erlangen ist ein solches Projekt. Sie ermöglicht Bedürftigen den Zugang zu Kultur.
„Ursprünglich hatte ein Tafel-Mitarbeiter die Idee“, sagt Juliane Siegel, die Leiterin der KulturTafel Erlangen. Der Vorschlag fand Anklang bei der Stadt Erlangen, insbesondere bei der Bürgermeisterin und Sozialreferentin Elisabeth Preuß. Das Projekt wurde von der Diakonie übernommen und im Oktober 2014 offiziell eröffnet. „Inzwischen kennen immer noch nicht viele die KulturTafel“, bedauert Siegel, „aber diejenigen, die sich bei der Tafel anmelden, bekommen auch den Hinweis zur KulturTafel. So wird’s immer mehr. Und daher kommt es auch, dass einige Flüchtlinge das Angebot in Anspruch nehmen.“
Üblicherweise melden sich Bedürftige über einen Anmeldebogen an, bevor geprüft wird, ob sie wirklich bedürftig sind. Anschließend werden sie in die Kartei aufgenommen. Die Verteilung der Kulturkarten findet Siegel sehr gerecht: „Derjenige, der am längsten kein Angebot bekommen hat, wird vom Computersystem als erstes vorgeschlagen.“ Dann bekommt er einen Anruf von ihr oder einem der vier ehrenamtlichen Mitarbeiter. Bei neu angekommenen Flüchtlingen, die kaum Deutsch sprechen, liegt genau hier die Schwierigkeit: „Nach wie vor ist die Verständigung übers Telefon eine Hürde.“
Konzerte für Flüchtlinge, Theater für Interessierte
Siegel hat bereits mit der Leiterin von EFIE (Ehrenamtliche Flüchtlingsbetreuung in Erlangen e.V.) gesprochen. „Alle gönnen den Flüchtlingen mal etwas Schönes“, so Siegel, „Es ist aber schwierig umzusetzen, weil sie nicht verstehen, wohin sie gehen müssen.“ Die Idee ist, dass EFIE-Betreuer ihren Schützlingen alles erklären, sie im Idealfall am Anfang sogar bis zum Veranstaltungsort begleiten. Die Leiterin der KulturTafel wäre froh, wenn die Zusammenarbeit zustande käme. Gerade auch, weil sie weiß, dass viele Flüchtlinge Probleme haben, hier Fuß zu fassen. „Für sie ist es wahrscheinlich am besten, dass sie am Anfang erstmal in Konzerte gehen.“ Je besser das Sprachniveau sei, desto eher könnten auch Theaterkarten an sie vermittelt werden – wenn sie denn gewollt werden. Sie erinnert sich an Bedürftige, die eine Theateraufführung gesehen haben und dann nie wieder ins Theater gehen wollten. Ihnen werden andere Veranstaltungen angeboten.
Das findet Siegel besonders schön an dem Projekt: „Gerade die KulturTafel ermöglicht es auch mal, Sachen auszuprobieren: Theater oder Kabarett. Viele haben ja solche Nöte im alltäglichen Leben, dass sie überhaupt nicht daran denken. Und wenn man die mal herauslocken kann, kann das wirklich bereichernd sein.“ Von vielen Menschen hat sie schon positives Feedback bekommen, weil sie dankbar waren, für einen Abend aus ihrer Situation zu entkommen. Dafür bietet die KulturTafel die verschiedensten Veranstaltungskarten an. „Das E-Werk ist als erstes mit eingestiegen“, erinnert sich Siegel. Sie bekommt aber auch Karten für Messen, Fußballspiele, Museen und unterschiedliche Führungen in Erlangen und Umgebung.
Der KulturTafel Erlangen helfen
Meist fragt Siegel direkt die Veranstalter an, wenn sie ein Plakat sieht. „So ergibt sich oft ganz einfach eine Zusammenarbeit.“ Oder die Veranstalter kommen auf sie zu und spenden Eintrittskarten. „Man kann auch privat bei mir anfragen, wenn man Karten selbst nicht braucht und anderen geben will.“ Dann freut sich Siegel über einen gewissen zeitlichen Vorlauf. Wer helfen will, kann außerdem Geld spenden oder sich selbst ehrenamtlich engagieren. Zwei ihrer momentanen Helfer sind Studentinnen. Siegel betont: „Wenn man sich ehrenamtlich engagieren möchte, ist es eine sehr flexible Arbeit.“ Man kann von Zuhause aus telefonieren oder ihr bei der Öffentlichkeitsarbeit helfen. Es gibt also viele Möglichkeiten, die KulturTafel zu unterstützen. Weitere Informationen und Kontaktdaten sind auf der Homepage der Diakonie zu finden.
Patricia Achter