SPOTS-Kritik zu Jobless actor confessions (Marcin Zarzeczny) auf dem ARENA-Festival – von Melanie Schoepf.
Für seinen Monolog über die Abgründe und Höhepunkte eines ambitionierten Schauspielers braucht Martin Zarzeczny kaum mehr als seinen (Beicht-)Stuhl. Aufgeteilt sind seine Bekenntnisse, die „Jobless Actor Confessions“, in mehrere Kapitel: Anekdoten aus seinem oftmals gescheiterten beruflichen Leben, seine Ängste, seine Träume. Er referiert über Erlebnisse mit seinem Freund (einer Kartoffel), schildert seine erfolglosen Aufnahmeprüfungen an Schauspielschulen und schwärmt von seinen Wunschvorstellung, einmal neben Meryl Streep und Al Pacino im Abspann eines Films aufgeführt zu sein.
Die Höhepunkte der Inszenierung, die die teilweise langwierigen Erzählungen (vor denen der Schauspieler anfangs aber warnte) aufbrechen, stellen die drei Lebensträume Zarzecznys dar. Allen voran Traum Nummer zwei: sein großer Wunsch, einmal den Hamlet spielen zu dürfen – welchen er dann in einem äußerst humorvollen Intermezzo auf tschechisch lebt. Dem Publikum hält er in seinen Erzählungen ganz subtil den Spiegel vor: 99 Cent auf dem Konto, ein unterbezahlter Job in der Gastronomie, tief drinnen der große Traum vom „mehr sein“ – und dann die Depressionen, wenn man scheitert. Wer das alles nicht kennt, sollte sich glücklich schätzen. Eine Aufforderung an die Zuschauer, die Ich-bleibe-heute-im-Bett-Phasen zu überwinden und sie in kreative Energie
umzuwandeln.
Bei allem Humor schwingt in den „Jobless Actor Confessions“ stets eine behutsame, aber doch wahrnehmbare Kritik am Stand des Schauspielerberufes in der heutigen Gesellschaft mit. Durch seine autobiografischen Berichte bezieht Martin Zarzeczny Stellung zur schlechten Bezahlung, zum fehlenden Jobangebot und zur Forderung an Schauspieler_innen, sich doch einen „normalen“ Job zu suchen, um der Misere ums Leben auf der Bühne zu entkommen. Dabei ist es genau das, was für ihn normal ist: Schauspielen.
Ein kleiner Mann, der mit subtilem Wortwitz und viel Charme beeindruckend offen mit den Variablen der Selbstinszenierung von Drama, Tragödie bis Komödie zu spielen weiß. Und dem man abnimmt, dass er sein ganzes Leben lang niemals etwas anderes machen wollte. Zarzeczny pendelt in seiner Aufführung zwischen Sympathie und Bewunderung für einen Darsteller, der zeigt, dass er die Hoffnung auf den Tag, an dem sich alles ändert und er endlich richtig Zigaretten rauchen kann, noch nicht verloren hat. Diese Hoffnung transportiert er auch an die Zuschauer weiter. Denn es
trifft zu, was Zarzeczny ankündigt: Wenn die Lichter wieder angehen, dann ist alles anders.
Melanie Schoepf