Eigentlich sollte jeder schon von Pecha Kucha gehört haben. Das könnte man zumindest meinen, wenn man die vielen Punkte auf der Weltkarte sieht, die der Veranstalter Tobias Müller in einer Powerpoint-Präsentation zeigt: Über 600 Städte sind weltweit Teil des Pecha Kucha-Netzwerks. Ein guter Grund, um diesem neuen Trend auf den Grund zu gehen. Was ist das denn nun, dieses Pecha Kucha? Ein Abend in der Kellerbühne des E-Werks am 27. Februar liefert Antworten. Denn tatsächlich ist Erlangen eine dieser 600 Städte.
Wer von einer Pecha Kucha Night noch nie gehört hat, dem sei gesagt: Ein Besuch lohnt sich. Auf der kleinen, mit Teppich ausgelegten Bühne steht ein Redner, der genau 6:40 Minuten Zeit hat oder anders ausgedrückt: 20 mal 20 Sekunden. Zum 20. Mal in Erlangen. Wie viele Vorträge werden also gehalten? Nicht 20, sondern nur 20 geteilt durch 2, also 10. Nach all der Rechnerei fällt zumindest eines auf: 20 ist die magische Zahl des Pecha Kucha.
Jede Powerpoint-Folie bleibt genau 20 Sekunden stehen bis die nächste kommt. Für ausschweifende Erklärungen, langatmige Reden oder kurz: für Gelaber ist keine Zeit. Dann wieder vergehen 20 Sekunden viel zu langsam. Eigentlich hat der Redner schon alles gesagt, was er loswerden wollte. So erklärt es Nils Pickert im ersten Vortrag des Abends. Das Wichtigste sei, den Zuhörern eine Geschichte zu erzählen. Zu welchem Thema auch immer. Wenn sich das Thema gut bebildern lässt, umso besser – wie es bei Fabian Abbé der Fall ist. Er zeigt eigene Fotoarbeiten, die bei Nacht entstanden sind. Mit Teelichtern und Taschenlampen hat er Landschaften ausgeleuchtet, den Auslöser gedrückt und fertig. Photoshop war nicht mehr nötig.
Vom Tamagotchi-Effekt, Mettigeln und Eronen
Weniger gut geeignet für Bilder ist ein Vortrag über Psychologie. Würde man meinen. Die Psychologin Mona Häupler hat sich aber psychologische Effekte ausgesucht, die sie mit Bildern untermalen kann, zum Beispiel den Tamagotchi-Effekt. Der tritt auf, wenn jemand eine emotionale Bindung zu einem technischen Gerät entwickelt, also beispielsweise anfängt, mit Siri zu flirten.
Sehr unterhaltsam ist auch der Vortrag des Vegetariers Michael Fritz über Mettigel: „Die Geburt des Mettigels beginnt mit dem Tod des Schweins.“ Über das Verhältnis von Grünonen und Eronen weiß Künstler Reiner F. Schulz viel zu berichten, wohingegen das Publikum von Fabian Denkler lernt, wie man sich auf eine Zombie-Apokalypse vorbereitet. Und Andreas Schulz gibt Einblicke in eine Zukunft mit selbstfahrenden Autos und Smart Homes. Der 17-jährige Gründer Constantin Kaindl stellt die neue Online-Stadtzeitung dein-erlangen.de vor und Florian Bailey wirbt für Bier – mit eigens mitgebrachten Bierproben. Wie man sieht, ist Pecha Kucha auch bestens geeignet, um berufliche Kontakte zu knüpfen.
Es ist überraschend, wie interessant Themen an diesem Abend aufbereitet werden, von denen man nicht dachte, dass sie einen interessieren könnten. Die Idee von Pecha Kucha ist in Tokio entstanden, wo Architekten immer sehr lange Vorträge hielten. Um das Death by Powerpoint Syndrom zu vermeiden, wurden die Zeit und die Folienanzahl begrenzt. Kurzweilig und unterhaltsam, ganz nebenbei auch noch lehrreich oder verrückt sind die Vorträge auf einer Pecha Kucha Night. Fazit: Das muss man gesehen haben. Oder man macht einfach selbst mit.
Patricia Achter
Hier erfährst du, wann der nächste Pecha Kucha Vortrag in Erlangen ist. Du bist aus Nürnberg? Hier gibt es auch Pecha Kucha Nights.
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