Across lautet der Name einer Konzertreihe im Neuen Museum Nürnberg, und mit dem wunderbaren Elektroduo Hundreds konnte eine musikalisch und optisch perfekte Band präsentiert werden. Eigentlich ein Abend wie auf einem Skizzenblock in der Kunstakademie entworfen – bis die Architektur deutlich machte, dass sie zwar hervorragend Bilder, aber unter keinen Umständen Sound tragen kann.
Aber der Reihe nach.
In Reih und Glied standen die Stühle für die rund 200 gespannten und erwartungsfrohen Gäste bereit, die eines der begehrten Tickets ergattern konnten. Ausverkauft, keine Abendkasse, Glück gehabt. Das Publikum passte sich dem Event nahtlos an: Sehr künstlerisch und rausgeputzt nippte man am Weißwein und gab sich betont lässig.
Dazu passte auch der Support-Act: Die in Berlin lebende Singer/Songwriterin Missincat aus Berlin betrat (einzig mit ihrer Gitarre bewaffnet) die perfekt ausgeleuchtete Bühne. Der erste, wenig bemerkenswerte Song aus ihrer Setlist ließ den Verdacht aufkeimen, dass die äußerst ansehnliche Italienerin vielleicht eher durch ihre Aura denn durch ihr Talent überzeugt. Ein Eindruck, den sie jedoch schon Sekunden später verwischte. Mit diversen Loops, Rhythmusspielereien und multiinstrumentalen Fingerübungen zeigte sie dem Publikum, dass sie im Frühjahr vollkommen zu Recht ihr bereits drittes Album veröffentlicht.
Als sie nach einer guten halben Stunde vom warmen Applaus von der Bühne getragen wurde konnte noch niemand ahnen, dass der beste Teil des Abends leider schon vorbei war. Man müsste wohl Tontechniker, Architekt oder Physiker sein, um erklären zu können, warum der Sound bei Missincat trotz elektronischen Einwürfen und Beat-Untermalung einwandfrei war, sich bei Hundreds jedoch zu einem einzigen Sumpf aus Geräuschen, Bass und Lärm entwickelte (obwohl diese im Rahmen ihrer Tame The Noise-Tour sogar auf einige Effekte und Equipment-Bestandteile verzichtet hatten). So konnte das Geschwisterpaar auf der Bühne gemeinsam mit ihrem Schlagzeuger nur verlieren – was ein Jammer ist, da sie unter normalen Umständen ein außergewöhnlich toller Live-Act sind (was sie im Frühjahr 2014 im E-Werk und auch beim Brückenfestival 2014 eindrucksvoll unter Beweis stellen konnten).
So hielten sich viele der Gäste die Ohren zu oder rutschten unruhig auf ihren Stühlen hin und her, um dem von den steilen Wänden im Untergeschoss des Neuen Museums vielfach zurückgeworfenen Sound irgendwie zu entgehen. Spürbar erleichtert über das kurze Set der Band (60 Minuten) machte sich das immer noch sehr schicke Publikum fast fluchtartig auf den Weg nach Hause, und doch ließ sich kaum jemand anmerken, dass dieses Konzert körperlich weh getan hatte – denn es hätte von der Idee her ja der perfekte Abend werden sollen.
Leider zu perfekt, um wahrgeworden zu sein.
Immanuel Reinschlüssel
Hallo Sabine,
freut mich, dass du einen schönen Abend hattest 🙂 Vielleicht saß ich nur falsch.. ich war jedoch auch oben auf der Empore und da war es kaum besser vom Sound her. Leider kann ich natürlich nur schreiben, was ich empfunden habe und wie es bei mir ankam. und das war wirklich grenzwertig (und das ging nicht nur mir so). Aber schön zu hören, dass es scheinbar an anderen Stellen im Neuen Museum vom Sound her besser ist. LG
Liebe Sabine, das ist natürlich richtig, dass eine Kritik, auch wenn sie – wie hier – sehr konkret ist, keinen Anspruch auf Allgemeingültigkeit hat und nicht „für alle“ sprechen kann. Das nimmt unser Gastautor allerdings auch nicht in Anspruch.
LG, Timo
Lieber Immanuel, du solltest hier nicht für alle sprechen wollen, wenn es um deine persönliche Meinung geht. Das entspricht dann leider nicht der Wahrheit. Für mich zB war es eines der schönsten Konzerte, auf dem ich je war. Ich würde mir aber nicht anmaßen, für alle sprechen zu wollen.