„Können Sie Auto fahren?“
„Nein.“
„Schwimmen?“
„Nein.“
„Wandern?“
„Nein.“
„Haben Sie PC-Kenntnisse?“
„Nein.“
Der Arzt runzelt ungläubig die Stirn. Schließlich erklärt er den jungen Mann für untauglich. Wie verrückt es bei der Musterung zum Wehrdienst zugehen kann, zeigt der Gewinnerfilm des 18. [ki’ta:so] Kurzfilmabends in den Lamm-Lichtspielen.
Max und Mustermann ist eine Komödie, die voller schräger Typen und witziger Situationen ist. Was tat Mann nicht alles, um dem Wehrdienst zu entkommen, als es ihn noch gab. Besonders der Protagonist, gespielt von Philipp Weigand, hat panische Angst, für tauglich befunden zu werden. Drogen sollen helfen, ausgemustert zu werden. Im Rausch trinkt er seine eigene Urinprobe. Zwar gibt Regisseur Martin Kießling zu, eigene Erfahrungen in den Film eingebaut zu haben, aber diese spezielle Erfahrung gehört nicht dazu. Er erntet für sein über Crowdfunding finanziertes Projekt stürmischen Beifall und den ersten Platz.
Leicht dürfte es den meisten Zuschauern an diesem Abend nicht gefallen sein, den Sieger zu wählen – bei dieser Auswahl. Zum dritten Mal sind Kai Wolf und Alvar de Morais Heuer mit Filmtitel mal anders dabei. Aus Rice of Electro wird Reis of Elektro, der dem hungrigen Protagonisten einen Stromschlag versetzt. Unter die ersten Drei schaffen es die Filmemacher nicht, aber sie versprechen, beim nächsten [ki’ta:so]-Abend wieder dabei zu sein.
Für Hatira hat das Produktionsteam die weite Reise nach Istanbul auf sich genommen. Johannes Lohmann, der zusammen mit Christoph Hertel den Film leitete, machte dort ein Auslandssemester. Dieses außergewöhnliche Setting verleiht dem Drama eine ganz eigene Atmosphäre. Über die Kameraführung gelingt es dem Team, eindrückliche Bilder der turbulenten Stadt und der verwinkelten Gassen einzufangen, während die Nacht nach und nach alles in Dunkelheit taucht. Mit Licht und Schatten spielt auch die Dream Film Factory in Farbenspiel. Für den Animationsfilm stellte das Team eine 30 Zentimeter große Figur her und machte über 4000 Bilder. Das Ergebnis ist ein Detail-verliebter Film, der gerade mal fünfeinhalb Minuten dauert.
Reihenweise Tote
Im Drama Pianisten trägt und prägt klassische Musik die Handlung von konkurrierenden Musikhochschülern. Regisseur Alexander Löwen hatte als Kind Klavierunterricht und spielte die Hintergrundmusik selbst ein. Ihm war es wichtig, einen Film zu einem Thema zu drehen, mit dem er sich auskennt. Bei dem darauffolgenden Musikvideo Chaplin’s Underground von Are You Great hat sich das Produktionsteam Studio 204 von Text und Musik inspirieren lassen. Es ging darum, zwei Welten zu erschaffen. In dem Film, der den dritten Platz ergattert hat, stehen deshalb an jeder Ecke Menschen mit Hasen-, Hahn- oder Schafs-Masken.
Menschliche Abgründe zeigt Daviel Alonso Garcia in seinem Thriller Lucky Roland, wobei es vermutlich eher ein Gangsterfilm ist. In Schwarz-Weiß wird die Vergangenheit des Boxers dargestellt, doch die Gegenwart scheint nicht viel freundlicher zu sein: Spärlich beleuchtete Keller und nebelverhangene Wiesen sorgen für eine eiskalte Stimmung, in der sich die Charaktere reihenweise umbringen.
In Florian Dawels und Sebastian Planks Animationsfilm Seek wird kein Blut vergossen. Stattdessen sucht ein blinder Junge das Knopfauge seines Kuscheltiers. „Wir wollten eine Welt zeigen, die wir so nicht sehen können“, begründen die Macher des Films ihre Idee. Mit sehr realistischen und detailgetreuen Animationen der Figuren und der Umwelt erschaffen sie eine fantasievolle Welt.
Zum Abschluss läuft Herr Peters und das Huhn von Felix Reichert, der damit den zweiten Platz belegt. Mit Heinrich Schafmeister hat das Filmteam ein prominentes Gesicht vor die Kamera geholt. Das Huhn, das bei Herr Peters einzieht und mit ihm fernsieht und Zeitung liest, wurde von vier „professionellen“ Filmhühnern gespielt. Trotz aller Professionalität waren sie während der Dreharbeiten laut Team ziemlich unberechenbar. Die Mühe hat sich allerdings gelohnt, denn die Pointen kommen beim Publikum gut an.
Patricia Achter