Körperlosigkeit ist nichts Offensichtliches

10177309_10201827763963804_3136566245309333689_nNoBody – der Titel des körperlosen Abends vergangenen Mittwoch im Transfer wirft gleich mehrere Fragen auf: Wenn man keinen Körper hat, ist man dann gleich niemand? Und wie kann man sich das eigentlich vorstellen, keinen Körper zu haben? Wer in Folge dieses Titels und der Ankündigung des Interdisziplinären Forschungskolleg ‚Karl Nimeni‘: Natur und Kultur der Nacht e.V. eine Performance oder ein Theaterstück erwartet hatte, das Antworten andeutet oder weitere Fragen aufwirft, der hatte sich allerdings geirrt.

Stattdessen begegneten die Besucher einer Art Körperlosigkeit zum ersten Mal vor der Tür in Form einer astronautenähnlichen Gestalt und gelangten dann durch einen dunklen Tunnel in die Bar, wo sie selbst herausfinden konnten, was es zu entdecken gab. Teil des Abends sollten sie sein und das wurden sie im Besonderen dann, wenn Unerwartetes auftauchte, ein Herr in der Tonne neben ihnen zum Beispiel.

Teil einer körperlosen Erfahrung waren sie dann, wenn sie Unsichtbarkeitsmützen aufziehen oder mit Hilfe einer Art Zensurbalken in die Haut eines Nobodys schlüpfen und sich dabei fotografieren lassen konnten. Vor allem hatten sie aber die Möglichkeit, Teil einer Metareflexion von Körperlosigkeit zu sein, und zwar an einem Ort, der einem hierfür nicht direkt in den Sinn käme: der Toilette. Unzählige Texte aus Religion, Biologie und Philosophie, die sich mit Körperlosigkeit und Seele losgelöst vom Körper beschäftigen, waren hier zu entdecken.

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Auch Reflex-Redakteure wurden zu NoBodys…

Wer hiervon genug hatte, der konnte außerdem noch interaktiv mit etwas Körperlosem in Kontakt treten: Eine raffinierte Installation illustrierte Putnams Gehirn im Tank und schaffte neue Weisen, der Frage nachzugehen, ob es innerhalb dieses Szenarios wohl möglich wäre, herauszufinden, ob man sich in einer realen Umgebung befindet oder nicht. Das Gehirn war nämlich nicht nur an Server und einen Computer angeschlossen, man konnte auch mit ihm chatten und sämtliche Fragen, die in diesem Zusammenhang schon immer zu stellen waren, direkt stellen.

Und wer sich dann auf verschiedenen Weisen und unterschiedlichen Ebenen mit Körperlosigkeit auseinandergesetzt hatte, der konnte, möglicherweise entgegen der Erwartung einiger Besucher, auch relativ ungestört Teil eines ganz gewöhnlichen Barabends sein. Ob und wie es auch hier jedem Einzelnen möglich war, in irgendeiner Weise Körperlosigkeit zu erfahren, bleibt offen – Körperlosigkeit ist schließlich nichts Offensichtliches.

Vera Podskalsky

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