Wer heute am Valentinstag etwas von zerbrochenen Beziehungen hören möchte, wird im Kulturforum Fürth fündig: Denn dort feierte gestern Maria Goos´ Theaterstück Der letzte Vorhang seine Wiederaufnahme in den Spielplan des Fürther Stadttheaters, in der Inszenierung des Intendanten Werner Müller.
Das Stück der niederländischen Dramaturgin handelt von den ehemaligen Bühnenstars und Paar Lies und Richard. Zehn Jahre ist es her, dass die Schauspielkollegen Lies und Richard sich das letzte Mal gesehen haben. Lies hat das Spielen eigentlich an den Nagel gehängt und lebt mit ihrem Mann – einem wohlhabenden Gynäkologen – in Südfrankreich. Richard spielt noch – und zwar vor allem den wilden Mann. Mit Starallüren, Alkoholismus und Bosheiten hat er jede Partnerin in die Flucht getrieben. Nun kann nur noch Lies seine aktuelle Produktion retten, bei der es sich ausgerechnet um das Stück handelt, mit dem die beiden ihren Abschluss an der Schauspielschule gemacht haben … Schnell reißen bei dem Wiedersehen alte Wunden auf und beide werden gezwungen, einmal zu reflektieren.
Slapstick und Tragik
Beide Darsteller dieses rund anderthalbstündigen Kammerstücks, nämlich Michaela Domes als Lies und Hartmut Volle als Richard, spielen überzeugend, mal im wilden Slapstick, mal in emotionalen Schwulsten, mal in ausgelassenen Feiern, mal in traurigen Szenen. Dadurch wird die manchmal beklemmende Atmosphäre zwischen beiden erfolgreich aufgebrochen. So war das wohl das Kreativste an dem Stück: Die Darsteller spielen nicht nur die selbstgerechten Protagonisten Lies und Richard, die nach zehn Jahren wieder aufeinandertreffen, sondern etwa auch Lies arroganten Ehemann, intellektuell minderbemittelte Schauspielkolleginnen von Richard, Lies und Richard vor 10 Jahren und – als Spiel im Spiel par excellence – die Charaktere des aufzuführenden Stücks. All diese Spielebenen wechseln sich schnell ab, die Übergänge sind erfreulich fließend und manchmal kurz verwirrend, werden oft jedoch am veränderten Bühnenlicht erkennbar. Fakt und Fiktion werden in einen Schmelztiegel geworfen und vermengt.
Dadurch ist das gesamte Stück de facto ein großer epischer Verfremdungseffekt, aufgeführt mit minimalen Bühnenmitteln, nämlich einer antiken Couch, einem vollen Kleiderständer für die Verkleidungen und einer passable Minibar für den ständigen Alkoholismus Richards. Dadurch wird diese Achterbahnfahrt der Gefühle, von belebten Feierabenden bis hin zum Abortus eines Mädchens, kritisch und den Zuschauer zum Nachdenken animierend vorgetragen. Hinzu kommt noch, dass sich nicht nur die beiden etwas vorspielen, im doppeldeutigen Sinn, sondern anfangs auch, zwischen Pathos und Zynismus über den Sinn des Schauspielens debattieren – ein nettes, aber inzwischen auch schon totgespieltes Stilmittel, im Theater über Theater zu reflektieren, zumal wenn die Diskussion, wie hier, nicht besonders tief geht.
Ein erwartbares Ende
Gegen Mitte der Aufführung schien es aber so, als ob der Zuschauer sich, obwohl das Stück gar nicht besonders lang ist, in einer Endlosschleife der etwas langatmigen Aufführung befindet, zumal es am Schluss keine besondere Pointe gibt, sondern nur einen wenig überraschenden Ausgang.
Insgesamt bietet Müllers Version des Dramas ergo einen recht anständigen, unterhaltsamen, aber partiell langatmigen Theaterabend über die frustrierte Liebe, das Älterwerden, dem Alkoholismus und ganz besonders dem Schauspielen – mit einigen Gags, aber auch viel Nachdenklichem, garniert mit zahlreichen Verfremdungen. Schade eigentlich, dass das Publikum sehr überschaubar war – nur circa 25 Leute konnten sich aufraffen, diese nette Wiederaufnahme zu besuchen.
Weitere Aufführungen von Der letzte Vorhang sind heute und morgen (14. und 15. Februar) sowie vom 10. bis 12. April, jeweils um 20 Uhr in der Großen Halle des Kulturforums Fürth, Würzburger Straße 2, 90762 Fürth. Eine Eintrittskarte kostet 20 Euro. Weitere Informationen zum Stück unter http://www.kulturforum.fuerth.de/desktopdefault.aspx/tabid-549/967_read-22370/ oder http://www.stadttheater.fuerth.de/stf/home.nsf/contentview/3F0AE914DEA23C8FC1257B650040D4E2.
Philip J. Dingeldey